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Rad mal

Zweites Leben für Fahrrad-Akkus

Oberlausitz

„Hier gibt es Platz, hier reparieren die Menschen ihre Dinge noch selbst!“ – Nach über zwei Jahrzehnten in der Pharmaindustrie hat Dr. Ralf Günther, promovierter Chemiker, im sächsischen Kamenz den Neustart gewagt. Mit seiner Firma Liofit brachte er 2013 eine innovative Technologie zur Marktreife und gehört heute gemeinsam mit seinem Team zu den deutschlandweit führenden Profis für die Reparatur von E-Bike-Akkus.

„Einfach anpacken“

Mit Pragmatismus und viel Mut, neue Wege zu gehen, treibt Dr. Ralf Günther nicht nur sein eigenes Unternehmen voran. Er begeistert Mitarbeiter, überzeugt Entscheider aus Verwaltung und Politik und zeigt, dass Innovation gerade dort entstehen kann, wo viele sie zunächst kaum vermuten: zwischen grünen Laubwäldern, klaren Seen und sonnigen kleinen Ortschaften in der nord-sächsischen Provinz.

Rückblick: 2011 schließt das Arzneimittelwerk in Dresden. Nach 23 Jahren in Führungspositionen steht Dr. Ralf Günther am Ende – und zugleich am Anfang. Die Zukunft ist ungewiss. Doch statt Angst und Sorge verspürt der Wahl-Dresdener vor allem eines: Lust, noch einmal neu zu starten, sich auszuprobieren und wirklich etwas zu bewegen.

Den Einstieg in die Fahrradbranche verdankt er einem beiläufigen Gespräch. Ein befreundeter Patentanwalt berichtet von einer interessanten Idee zur Optimierung von E-Bike-Akkus. Dr. Ralf Günther ist sofort fasziniert. Er nimmt Kontakt zu den Entwicklern in Kamenz auf, gründet Liofit, testet die Technologie, passt das Geschäftsmodell nochmals an und hält drei Jahre durch, bis 2014 endlich feststeht: Es funktioniert! Liofit wird eine Erfolgsgeschichte.

„Heute schicken Fahrradwerkstätten und Privatleute aus ganz Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Frankreich, England und Spanien ihre defekten E-Bike-Akkus nach Kamenz“, berichtet der Unternehmer nicht ohne Stolz. Binnen kürzester Zeit ermittelt das Team, wo genau der Fehler liegt. Defekte Bestandteile werden ausgetauscht, intakte können weiterverwendet werden. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel der Kunden. „Unsere Akkus haben dieselbe Kapazität wie brandneue Produkte, kosten aber nur zwei Drittel des Preises.“

Insgesamt 32 Arbeitsplätze hat Dr. Ralf Günther damit bereits geschaffen. Tendenz: weiter steigend. Schließlich schmiedet der engagierte Unternehmer bereits neue Ideen.

„Ich möchte ein zweites Standbein entwickeln, das unser Geschäft sinnvoll ergänzt und uns ermöglicht, E-Bike-Akkus in Zukunft tonnenweise zu recyceln“, erklärt Dr. Ralf Günther. Bisher kostet der Prozess Hersteller und Recycler viel Zeit und Geld. Komplexe; teils giftige Akku-Bestandteile wie Kunststoffe und Elektrolyt erschweren die Wiederverwertung.

„Wir werden das Problem mithilfe von Roboterarmen lösen“, betont Dr. Ralf Günther. „Unsere Business-Kunden profitieren, weil sie sich die Kosten für das Recycling sparen. Dafür dürfen wir intakte Akkuteile weiterverwerten. Diese möchten wir zu neuen Akkus zusammenbauen und verkaufen.“

Schon jetzt hat der Unternehmer für seine Idee vom Oberbürgermeister bis zum Landrat viele Mitstreiter gefunden: „Gemeinsam mit verschiedenen Ämtern und Behörden wurde hier vor Ort ein runder Tisch organisiert. Auch die Signale aus den Ministerien in Dresden sind bisher positiv.“

Erste Verträge mit Recyclern liegen inzwischen vor. Und Dr. Ralf Günther ist sich sicher, dass er auch die notwendigen Fördermittel in den nächsten Monaten einwerben kann. Dann kommt es nur noch darauf an, neue Mitarbeiter für Kamenz zu erwärmen. Lust auf innovative Technologien sollten sie haben. Und vielleicht auch auf die eine oder andere E-Bike-Tour – durch das weite, stille, wunderschöne Land.