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Leben & Arbeiten

Die Schallplatte ist tot! Es lebe die Schallplatte!

Erzgebirge
Celebrate Records Firmenzentrale im Nebel

Carsten Haupt

Die Schallplatte ist tot! Es lebe die Schallplatte!

Celebrate Records

Zumindest, wenn es nach Carsten Haupt geht. Entgegen aller Unkenrufe, die Zeit der Schallplatte sei vorbei, hält sein kleines Werk im sächsischen Stollberg das analoge Erbe des bereits totgeglaubten Kult-Tonträgers – die Vinyl-Schallplatte – lebendig. Bei Celebrate Records kämpft er mit seinem Team energisch und erfolgreich wie nie fürs Überleben dieses besonderen Tonträgers. Und liefert täglich den Beweis: Nicht nur Nostalgiker stehen nach wie vor auf das farbenfrohe Vinyl; auch bei der jüngeren Generation kommen die zeitlosen und mittlerweile echt trendigen Tonträger echt gut an. Immerhin 4,5 Millionen Tonträger wurden 2021 in Deutschland verkauft. Wir haben hinter die Kulissen geschaut.

Herr Haupt, woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Vinyl?

Bereits als Kind hatte ich einen Plattenspieler, der mich damals schon fasziniert hat. Vor allem die Frage: Wie kommt die Musik in die Rille? Damals war ich immer auf der Suche nach neuen Vinyls im Schallplattenladen, und wenn man dann endlich eine neue Platte hatte, wurde sie auch gefühlt tausend Mal gehört.

Wie groß ist Ihre eigene Sammlung zuhause?

Ich habe etwa 20.000 Vinyls. Und das, obwohl ich mich aus Platzgründen auch schon von der einen oder anderen Platte trennen musste.

Carsten Haupt von Celebrate Records besitzt etwa 20.000 Vinyls. Foto: Celebrate Recoards
"Jede Schallplatte ist ein Kunstwerk." Foto: Celebrate Records.

Wie viele Schallplatten verlassen Ihr Werk pro Jahr?

Wenn wir alle Vinylformate zusammenzählen würden, dann liegen wir im einstelligen Millionenbereich.

Wie erklären Sie sich die unverändert große Nachfrage?

Die Nachfrage war eigentlich immer ungebrochen, ob von DJ‘s, Independent-Künstlern oder aktiven Schallplattenhörern. Die Produktionen sind mal stärker gefragt und mal weniger, je nachdem, wie kreativ die Artists ihre neuen Musikstücke produzieren. Während der Pandemie war die Nachfrage nach Vinyls besonders stark, da viele zu Hause waren und Zeit hatten, sich auf die Musik zu konzentrieren. Zudem konnte man auf diese Weise ausgefallene Konzerte kompensieren und seinem Idol näher sein.

Entstehen bei Ihnen im Presswerk eher Liebhaberstücke oder ist es Massenware?

Jede Schallplatte ist ein Kunstwerk - das aber meist mit kleinen Stückzahlen beginnt. Erst wenn die Musik ein Hit im Radio ist, werden Liebhaberstücke zur Massenware.

Wer zählt zu Ihren Kunden? Eher die Nostalgiker-Fraktion oder junge Fans?

Wir verkaufen keine Vinyls an Endkunden. Zu unseren Kunden zählen daher kleine Musiklabels, internationale Major Labels und natürlich die Künstler selbst.

Wie viel „made in Saxony“ bzw. Handwerkskunst steckt in der Herstellung der Schallplatten?

Bis eine Schallplatte fertig und auf dem Weg zum Kunden ist, bedarf es etwa 100 Arbeitsschritte. Viele dieser Abläufe werden manuell erledigt. Man braucht viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung in allen Bereichen, um am Ende den Kunden glücklich zu machen. Auch wir haben viele Jahre gebraucht, um dieses Ziel zu erreichen, und es ist immer noch täglich eine Herausforderung.

Haben Sie selbst auch Musik im Blut und spielen gar sogar ein Instrument?

Ein Instrument kann ich leider nicht spielen, dafür aber ganz gut mit den Kultplattenspielern „Technics 1210“ umgehen. Ich war 30 Jahre als DJ unterwegs und habe auf vielen Events aufgelegt. Ich würde schon sagen, dass ich den Rhythmus und das Gespür, was die Leute hören möchten, im Blut habe.

Etwa 4,5 Millionen Tonträger wurden 2021 in Deutschland verkauft. Foto: Celebrate Records

Ist die Entscheidung für die Schallplatte immer auch eine gegen die Streamingdienste?

Nein, ist sie nicht. Es gibt das beiläufige Hören, beispielsweise beim Autofahren, bei der Arbeit, beim Gärtnern oder beim Sport. Hier können Streamingdienste gute Dienste leisten. Bewusstes Hören hingegen ist etwas komplett anderes. Hier lasse ich mich auf die Musik ein, konzentriere mich ausschließlich auf den Song. Das ist der Moment des Vinyls.

Jetzt mal Hand aufs Herz: Was klingt besser - analog oder digital?

Das kann nur sagen, wer mal den Unterschied zwischen einer CD und einer Schallplatte gehört hat. Am besten kauft man sich von seinem Lieblingskünstler mal beide Formate und hört sie abwechselnd an. Danach kommt das große Erwachen. Früher war nicht alles schlecht.

Verlegen Sie auch sächsische Musiker?

Ja, natürlich. Wir haben den einen oder anderen Musiker aus Sachsen an Bord. Namen darf ich leider keine nennen.

Wenn Sie selbst eine Schallplatte für Sachsen produzieren könnten, welche Titel dürften hier nicht fehlen?

Ich würde kreative neue Musik produzieren und diese dann auf Vinyl pressen. Denn nur mit Neuem wirst du die Menschen am Ende begeistern.

Herr Haupt, vielen Dank für das Gespräch!