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Lichtfest Leipzig

Lichtfest Leipzig - Katharina

Leipzig
Katharina

Berührt mit Musik

Das Lichtfest erinnert jedes Jahr am 9. Oktober an die Friedliche Revolution von 1989.

Was hast Du von der Friedlichen Revolution mitbekommen?

Ich war zur Zeit der Friedlichen Revolution zehn Jahre alt. Wir sind nach der Grenzöffnung damals als Erstes in einem überfüllten Zug nach Westberlin gefahren und haben unser Begrüßungsgeld in einen Kassettenrekorder investiert. Auf den Rekorder waren wir sehr stolz und er hat viele Jahre gehalten.

Wie war die Stimmung in dem Zug?

Die Leute waren sehr euphorisch und gespannt darauf, was sie nun erwartet in Westberlin.

Wie bewertest Du die DDR im Nachhinein?

Wir waren schon in vielen Dingen sehr eingeschränkt. Man hat aber vieles auch gar nicht mitbekommen. Meine Schwester und ich sind wohlbehütet aufgewachsen. Meine Eltern hatten damals nicht viel und es war schwierig an bestimmte Sachen heranzukommen. Wir haben uns in vielen Situationen einfach selbst geholfen und gebastelt, gebaut oder selbst gestrickt. Ich fand es nicht schlimm, nicht so viel zu haben. Heutzutage hat man ja meist eine Reizüberflutung. Man ist zu der Zeit erstaunlicherweise sehr gut mit dem Wenigen zurechtgekommen. Natürlich möchte man die heutige Auswahl nicht missen, insbesondere was das Essen betrifft. Aber die regionalen Produkte damals haben auch sehr gut geschmeckt. Da hat man noch die Früchte aus dem Garten gegessen und eingeweckt.

Wie lebst Du Dein Leben heute und welche Werte sind Dir wichtig?

Das Materielle ist zwar angenehm und schön, mir aber nicht so wichtig. Die Menschlichkeit und ein friedlicher Umgang miteinander stehen für mich immer im Vordergrund.

Glaubst Du, Du hättest im System der DDR genau so leben können wie heute?

Ich glaube nicht. Man ist heute, insbesondere beim Reisen, viel freier. Man hat heute mehr Möglichkeiten andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Das war damals durch die Grenzen wesentlich beschränkter. Dass die Grenzen wegfallen, ist viel wert, finde ich. Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch. Als Kind hat man diese Einengung wahrscheinlich nicht so sehr wahrgenommen, da man nichts anderes kannte und somit nichts vermissen konnte. Aber wenn man jetzt erst einmal das tolerante und offene Leipzig kennengelernt hat, möchte man nicht mehr anders leben. Auch die berufliche Entfaltung wäre so in der DDR nicht möglich gewesen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wenn man jetzt in dem System leben müsste, würde man sich sicher daran gewöhnen. Aber wenn man erst einmal etwas anderes kennengelernt hat, ist es schwer einen Schritt zurück zu gehen. Es kommt aber natürlich auch auf die Umstände an. Wenn ich beispielsweise auf der Flucht vor dem Krieg bin, bin ich froh irgendwo Frieden zu finden. In diesem Fall wäre es sicher leichter einen Schritt zurückzugehen.

Wie bist Du Hornistin geworden?

Meine Eltern hatten damals einen klassischen Schallplattenspieler und einige Schallplatten von dem berühmten DDR-Hornisten Peter Damm. Der facettenreiche Klang des Instruments hat mich schon damals fasziniert. Das Horn harmoniert einfach mit vielen anderen Instrumenten und hat einen sehr großen Tonumfang. Meine Eltern wollten lieber, dass ich Querflöte lerne, aber davon war ich nicht so begeistert. Ich habe dann in der Musikschule mit der Blockflöte angefangen. Damals galt das Horn als ein eher exotischeres Instrument, das nicht von vielen erlernt wurde. Und so war meine Lehrerin bestrebt mich dafür zu begeistern. Ich habe dann mit neun Jahren begonnen das Horn zu erlernen. So war ich neun Jahre an der Musikschule. Zwischenzeitlich hatte ich überlegt vom Horn zur Trompete zu wechseln. Aber schon nach einem halben Jahr Trompete spielen habe ich gemerkt, dass mir da viel fehlte. Ich bin dann also schnell wieder auf das Horn umgestiegen und so ergab sich mein Traum, Hornistin zu werden. Es gab damals leider keinen sehr guten Hornlehrer. Ein Lehrer war für alle Blechblasinstrumente zuständig. Dadurch wurde mir aber leider auch vieles falsch beigebracht. Bei meinem Studium musste ich eine Aufnahmeprüfung ablegen. Ich musste also einen Weg finden meine Defizite auszugleichen. Es gab Berufsfachschulen für Musik, allerdings gab es die nur in Bayern. So wurde uns in Kronach die Berufsfachschule für Musik ans Herz gelegt. Da musste man zwar auch eine Aufnahmeprüfung bestehen, aber es war dort leichter als an einer Hochschule für Musik. Der Hornlehrer meinte dann sofort zu mir, ich müsse noch einmal ganz von vorn anfangen. Ich hatte dann die Wahl mein Abitur zu machen oder mit 16, nach der 10. Klasse, auf die Berufsfachschule zu gehen. Ich habe mich für die Berufsfachschule entschieden und bin nach Kronach gegangen. Ich habe wirklich ganz von vorn angefangen und war insgesamt drei Jahre dort. In der Zeit habe ich mich für die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik vorbereitet. Ich wurde dort auch schon in vielen Fächern unterrichtet, die ich später an der Hochschule hatte, wie beispielsweise Instrumentenkunde oder Musikgeschichte. Dort habe ich auch eine Chorleiterausbildung absolviert. Nach den drei Jahren habe ich dann die Aufnahmeprüfung gemacht und bestanden. Und so bin ich in Leipzig an der Hochschule für Musik gelandet.

Wie viele Studierende werden da angenommen?

Das hängt davon ab, wie viele Plätze zu dem Zeitpunkt vorhanden sind. In meinem Jahrgang waren es mit mir drei Frauen und ein Mann, die aufgenommen wurden.

Ist es richtig, dass Horn auch ein weibliches Instrument ist?

Es gibt in den vergangenen Jahren schon mehr Frauen, die Horn spielen. Aber im Bereich der Blechblasinstrumente ist das doch eher eine Männerdomäne. Im Bereich Trompete, Posaune oder Tuba trifft man noch seltener Frauen an.

Macht sich das in Deinem Berufsalltag irgendwie bemerkbar, dass es eine Männerdomäne ist?

Ich bin ja auch im pädagogischen Bereich tätig und habe mir über die Jahre eine Hornklasse mit aktuell 17 Schülern aufgebaut. Da sehe ich natürlich das Verhältnis von Männlein und Weiblein. Das sind schon deutlich mehr Jungs und junge Männer als Frauen Drei von meinen 17 Schülern sind Frauen. Das ist aber überall sehr unterschiedlich. In Österreich zum Beispiel findet man generell sehr wenig Frauen im Orchester.

Was hältst Du davon, dass es in manchen Bereichen so wenig Frauen gibt?

Ich frage mich, woran das liegt. Man fragt sich dann schon, ob die Männer wirklich alle besser spielen als die Frauen. Aber letztendlich ist es ab einem bestimmten Punkt auch Geschmackssache. Ich würde mich aber für den gesamten Blechbereich freuen, wenn es mehr Frauen gäbe.

Das Motto des diesjährigen Lichtfestes ist „ich. die. wir.“. Wer ist das für Dich?

Ich denke, es ist wichtig, dass man sich findet und nicht zu sehr schaut, was die anderen machen. Es wird immer Leute geben, die besser und toller sind, aber auch welche, die schlechter sind. In der Musik kann nicht alles perfekt sein. Es gibt durchaus technisch perfekte Musik, der aber in meinen Augen oft die Leidenschaft fehlt. Das ist für mich tote Musik. Da fehlt einfach etwas. Das Herz muss schon dabei sein. Man darf sich nicht zu sehr vom Perfektionismus leiten lassen. Es ist mir viel wichtiger mit meiner Musik zu den Leuten durchzudringen und etwas zu bewirken.

‚Die‘ sind für mich die anderen Menschen, mit denen man respektvoll umgehen sollte. Und unter dem ‚Wir‘ verstehe ich das, was man gemeinsam erreichen kann. Es ist mir wichtig eine gewisse Akzeptanz und Toleranz anderen gegenüber zu haben. Ich finde es wichtig, den anderen so zu lassen, wie er ist. Und wenn diese Werte erfüllt sind, kann es ein schönes ‚Wir‘ und Miteinander ergeben.

Möchtest Du selbst noch etwas sagen?

Mir ist es wichtig, dass man auf sein Bauchgefühl hört. Man sollte nicht nur auf Kopf oder Bauch hören, sondern eine gute Mischung daraus finden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Bauchgefühl immer zu 100% stimmt, auch wenn ich nicht immer darauf höre.

Vervollständige bitte folgende Sätze:

1. Dieses Jahr … ist bisher ein spannendes mit vielen neuen Möglichkeiten und schönen Momenten gewesen.

2. Wenn ich meine Hornschüler sehe, … dann freue ich mich sehr über deren Entwicklung und unser gutes Verhältnis zueinander.

3. Das Schönste an meinem Beruf ist es, … zu erreichen und zu berühren.

4. In Leipzig … fühle ich mich pudelwohl.

5. Mein Leben … ist aufregend und von Veränderungen geprägt, die bisher aber immer positiv waren, was ich sehr schätze.

Fotos: VIERTELRAUSCH

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Mozart, Mendelssohn, Schubert, Brahms und viele weitere haben hier gewirkt. Das Orchester ist von einer Kapelle zur Weltmarke geworden.

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