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Gründen & Unternehmen

nextbike – 20 Jahre emissionsfrei Heimkommen

Leipzig
Mareike mit Ihrem nextbike.

20 Jahre ist es her, dass das Unternehmen nextbikein Leipzig gegründet wurde. Zwei Dekaden in denen es immer schnurstracks bergauf ging. Denn, trotz des Faktums, dass Bergetappen in der Regel die anstrengendsten Wegstrecken für Radler sind, konnte nextbike die aufkommenden Fahrtwinde und Steigungen bravourös meistern und gilt heute als Bike-Sharing-Marktführer Europas. Die Zahlen beweisen das eindrucksvoll. Inzwischen kann man nextbike-Fahrräder an über 300 Orten in über 20 Ländern leihen, fahren und mit anderen teilen. Möglich machen das tagtäglich rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 30 Nationen. Gemeinsam erwirtschafteten sie im Jahr 2023 stolze 59,3 Millionen Euro Umsatz. Seiner Heimstätte Leipzig ist das Unternehmen auch in zwei Jahrzehnten steilen Wachstums und stetiger Internationalisierung des Geschäftsmodells immer treu geblieben. Grund genug für „So geht Sächsisch.“ nach der sächsischen DNA des Unternehmens und den Zielen für die Zukunft zu fragen.

Mit Mareike Rauchhaus, seit 2009 bei nextbike in der Position des Head of Communications and Public Policy tätig und nebenbei auch noch Lead des sächsischen Hubs der Women in Mobility, stand uns eine ausgesprochene Fachfrau für Bike-Sharing, Mobilitätswende und emissionsfreies Heimkommen zur Verfügung.

Liebe Frau Rauchhaus, starten wir mit einer nicht ganz so ernsten Frage. Sie sind bereits seit 15 Jahren bei nextbike. Wie viele Kilometer haben sie seither auf einem nextbike oder allgemein auf einem Fahrrad zurückgelegt und warum (lassen Sie das Auto lieber stehen)?

Puh, das übersteigt jetzt wirklich mein Vorstellungsvermögen, aber es sind sicher einige tausend. Ich besitze tatsächlich seit zwei Jahren kein Auto mehr, weil mich die Unterhaltskosten, Parkplatzsuche und der Stau in der Stadt immer mehr davon abgehalten haben, es regelmäßig zu benutzen. Ich fahre auch mal gern Auto, dann nutze ich Carsharing. Ich lebe in Leipzig mitten in der Stadt, wo ich kurze Wege habe und natürlich auch ein flächendeckendes ÖPNV Angebot, das macht den Verzicht aufs Auto komfortabel möglich. Wenn ich weiter wegfahre, zum Beispiel für Dienstreisen, steige ich erst auf ein nextbike und dann in den Zug, das ist alle Mal entspannter als auf der Autobahn.

Ihr linker Unterarm beweist, dass Ihnen das Radfahren buchstäblich unter die Haut geht. Was war zuerst da? Das Tattoo oder nextbike? Und wie haben Sie Ihren Weg ins Unternehmen gefunden?

Das Tattoo basiert auf einer Zeichnung meiner Tochter von meinem Rennrad, also da steckt unübersehbar eine gewisse Leidenschaft dahinter. Fahrrad gefahren bin ich schon immer, aber durch nextbike habe ich mich mit den Bedingungen für den Radverkehr und letztlich dem Ziel der nachhaltigen Mobilitätswende auseinandergesetzt. Um meinen nextbike Werdegang zu skizzieren: Ich bin als PR Beraterin auf der Suche nach Mietfahrrädern gewesen, die ich für eine Werkampagne branden wollte, habe von nextbike in der Zeitung gelesen, bin in der Mittagspause kurz vorbei, für drei Stunden geblieben und habe mich vom Gründer überreden lassen, zu kündigen. Die Kampagne haben wir dann auch wirklich umgesetzt. Meine Personalnummer ist die 5, ich habe das Marketing sowie die Kommunikation gemanagt und bin von Rathaus zu Rathaus um für Bike-Sharing zu werben. Der Rest ist erfolgreiche Geschichte. Mittlerweile sind wir über 500 Kolleginnen und Kollegen und in über 300 Städten und 20 Ländern aktiv.

Können Sie, für die die noch nie ein nextbike genutzt haben, kurz das Geschäftsmodell des Unternehmens skizzieren?

Das Geschäftsmodell von nextbike basiert auf dem Verleih von Fahrrädern, Rahmenverträgen mit Städten, Verkehrsunternehmen, Institutionen und der Vermarktung von Werbeflächen an den Rädern. Zur Nutzung einfach nur die App downloaden, Zahlungsmittel hinterlegen, am Rad den QR Code scannen, Schloss öffnet automatisch und es kann losgeradelt werden. Abgestellt werden kann das nextbike dann an einer Station oder Flexzone, Schloss schließen, fertig.

Können Sie uns beschreiben wie nextbike Nutzerinnen und Nutzer europaweit für die Nutzung von Bike-Sharing-Angeboten begeistert? (Stichwort: Costumer Journey)

Wir sind ja nun bereits seit 20 Jahren am Markt. Es hat sich unglaublich viel mit der Einführung von Smartphones und GPS getan, dadurch kann in Echtzeit das Fahrzeug gefunden und in Sekundenschnelle von unterwegs gebucht werden. Das hat auch den Service vereinfacht. Darüber hinaus begeistern Fahrräder seit 200 Jahren die Menschen. Man ist schnell und flexibel unterwegs. Die Nutzung ist einfach und sorgt darüber hinaus für eine spannend andere Perspektive auf die Umgebung und körperliches Wohlbefinden. Und wer nicht Fahrrad fährt, profitiert in der Regel auch noch davon, weil diese Art der Fortbewegung keine Immissionen und Verkehrstoten verursacht.

Was unterscheidet nextbike von anderen Bike-Sharing-Anbietern?

Unser USP ist die tiefe Integration in den ÖPNV, sei es direkt auf der Straße an den Stationen oder in dementsprechenden Apps. Dazu kommt die europaweite Verfügbarkeit als Marktführer. Mit einem nextbike Account können sie in fast 300 Städten Räder ausleihen. Bei uns wird alles inhouse entwickelt von der Software bis zur Hardware. Darüber hinaus bündeln wir städteplanerische Expertise wie Marketing/Comms, Lobbying, Projektplanung etc. das kommt alles aus einer Hand und somit aus einem Guss mit sehr kurzen Arbeitswegen. Wir haben 20 Jahre Erfahrung, sind aber so flach hierarchisch und flexibel wie ein Start Up.

20 Jahre nextbike. Eine lange Zeit. Wo soll die Reise hingehen, welche Ziele hat das Unternehmen für die unmittelbare Zukunft und wo sehen Sie nextbike im Jahr 2044?

Es ist fünf vor zwölf in Bezug auf den Klimawandel und dessen Folgen wie z.B. Hitze- und Feinstaubbelastung, aber auch hinsichtlich weiterer ungesunder Lebensbedingungen im urbanen Raum, von der Vision Zero, also null Verkehrstoten, ganz zu schweigen. Die Mission von nextbike ist wichtiger als je zuvor. Integriert in den öffentlichen Nahverkehr bieten wir Millionen von Nutzern das nachhaltigste Verkehrsmittel vor allem für kurze aber auch mal längere Strecken. Wir haben in den letzten Jahren viel erreicht, aber unsere Vision eines flächendeckenden chancengleichen Zugangs zu nachhaltiger Mobilität im urbanen wie im ländlichen Raum ist eben immer noch eine Vision. Konkret als Unternehmen wollen wir unsere Marktführerschaft weiter ausbauen und die Flotte weiter diversifizieren, von regulären Fahrrädern, über E-Bikes, Cargo Bikes, Fahrradanhängern bis hin zu Special Bikes.

Welche Gründe gab es dafür, dass nextbike in Leipzig und Sachsen heimisch geblieben ist?

Die Liebe zu unseren Freundinnen und Freunden sowie Familien! Die Unterstützung durch die Politik. Die Liebe zu dieser Stadt, die einfach wunderschön ist mit der Seenlandschaft und ihrer urbanen Kultur. Diese Lebensqualität gilt es zu erhalten bzw. noch zu verbessern und dafür ist ein hoher Radverkehrsanteil unglaublich förderlich und dafür ist wiederum eine öffentliches Fahrradverleihsystem förderlich.

Gibt es „typisch Sächsische“ Eigenheiten die das Unternehmen nach innen und außen kennzeichnen?

Wir sind ein recht internationales Unternehmen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschiedenster Nationalitäten, ob aus Namibia, Kolumbien, Mexiko oder eben Morgenröthe-Rautenkranz, zu Weihnachten qualmen hier im Büro gern ein paar Räuchermännchen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Sachsen?

Das gemäß dem Vorbild skandinavischer Länder ökologische und ökonomische Ansätze, die die Verkehrs- und Energiewende antreiben, gefördert werden und sich nicht in ideologischen Diskussionen verausgabt wird, zum Wohle der Gemeinschaft.

Das Interview begann mit einer weniger ernsten Frage und soll mit einem ähnlichen Augenzwinkern schließen. Was ist Ihr favorisiertes Fortbewegungsmittel? Citybike, Rennrad, Liegerad oder E-Bike?

Ich muss gestehen, dass ich nicht nur ein Fahrrad besitze. In der Regel fahre ich ein Trekkingbike, im Sommer Rennrad und ganz oft zwischendurch und auf Reisen nextbike.

Vielen Dank, liebe Frau Rauchhaus, für das erkenntnisreiche Gespräch!

Gern und vielen lieben Dank für die Möglichkeit unsere und meine Geschichte hier zu erzählen.