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Hier fühlt er sich wohl: Auf den großen Musicalbühnen Deutschlands – und mit seiner Band demnächst auch auf den amerikanischen, denn im Herbst geht es auf US-Tournee: Friedrich Rau, Musicaldarsteller, Sänger, Songwriter, Komponist. Der Leipziger lebt für die Musik, und er hat das Geschäft von der Pike auf gelernt. Nach dem Studium der Jazz-/Rock-/Pop- und Klaviermusik sowie des klassischen Gesangs in Weimar war der 41-Jährige seit 2008 in Hauptrollen in diversen Musicalproduktionen zu erleben, unter anderem in der Titelrolle im Chris de Burgh-Musical ROBIN HOOD und im Musical BONIFATIUS. Letztere brachte ihm 2019 den Da Capo Musical-Award als bester Hauptdarsteller ein. Zudem ist er als Komponist tätig, schrieb beispielsweise die Musik des Musicals SCHNEEWEISSCHEN UND ROSENROT.

Seine musikalische Verwirklichung findet Rau im deutschsprachigen Electro-Swing, bei dem er den leidenschaftlichen Stil der „Goldenen 1920er“ mit frischen elektronischen Beats kombiniert. Nun ließ er sich zur Neu-Interpretation des traditionellen Steigerliedes inspirieren, das auf der bevorstehenden Leipziger Buchmesse seine Premiere feiern wird.

Friedrich, mal abgesehen vom Steigerlied, was bedeutet für Dich „typisch sächsisch“?

Vor allem fallen mir da die sächsischen Dialekte, Bräuche und Traditionen ein. Was wäre beispielsweise Olaf Schubert ohne seinen unverkennbaren Dialekt? Außerdem sind für mich der Schwibbogen und gedrechselte Engel und Bergmänner typisch sächsisch. Als ich klein war, hat mein Vater selbst Engel und Bergleute für die Familie gedrechselt und bemalt. Wenn ich irgendwann Zeit habe, werde ich mich auch am Drechseln versuchen.

Was sind für Dich typisch sächsische Qualitäten?

Fleiß und Traditionsbewusstsein. Zurückhaltung, was Neues betrifft. Aber die Sachsen sind auch ein sehr kreatives und erfinderisches Völkchen. In Sachsen wurden großartige Maschinen und Technologien entwickelt, von Fahrzeugen bis zum Frohnauer Hammer. Hier lebten hervorragende Musiker und Komponisten. Als gebürtigem Zwickauer fallen mir hier
natürlich sofort Robert Schumann und Clara Wieck ein.

Wie würdest Du die Sachsen an sich charakterisieren?

Wir Sachsen sind kreativ und traditionsbewusst. Manchmal auch ein bisschen träge. Wir preschen nicht vorneweg, sondern schauen mit einer gesunden Skepsis auf Neuerungen. Was wir dann aber anpacken, bringen wir auch zu Ende.

Du bist in Sachsen aufgewachsen, reist aber viel durchs Land, gehst im Herbst mit Deiner Band sogar auf USA-Tournee. Was schätzt Du an Deiner Heimat?

Ich schätze an Sachsen, dass wir so eine lange, bewegte Geschichte haben, auf die wir stolz sein können. Meine USA-Tour führt mich nach Wisconsin. Dort gibt es viele Menschen mit deutschen Wurzeln. Man könnte also sagen, ein Stück Sachsen steckt auch in den USA. Für mich bedeutet Heimat Identität. Hier fühle ich mich zuhause - eben, weil Sachsen seine ganz eigenen Werte hat. Manchmal komme ich in Regionen, wo ich das Gefühl habe, dass es da keine eigene Identität mehr gibt und alles ein wenig austauschbar wirkt. Dann sehne ich mich nach Zuhause und weiß meine Heimat noch mehr zu schätzen.

Wann hast Du Dich das letzte Mal – und warum – so richtig über Deine Landsleute geärgert?

Ich sage es ganz deutlich: Ich lebe für eine offene Gesellschaft, in der jeder Mensch gleich viel wert ist, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Sexualität, Herkunft oder Religion. Ich ärgere mich über Landsleute, die vergessen, dass wir heute in einer Demokratie leben, die Meinungsfreiheit ermöglicht, Reisefreiheit und eine freie Berufswahl, unabhängig von der
politischen Position. Ich kann nicht verstehen, warum so viele meiner Mitmenschen diese hohen Güter nicht schätzen und die alten Zeiten – speziell die DDR-Zeit – so verklären. Neben vielen Schattenseiten des Kapitalismus hat uns die Wende doch vor allem Wohlstand und Frieden in Europa gebracht. Darum hoffe ich, dass wir in Sachsen keinen Rückschritt erleben, sondern uns kreativ und konstruktiv weiterentwickeln. Ich halte es da ganz mit Thomas Morus: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme."

Welche Klischees über die Sachsen regen Dich am meisten auf?

Oft werden Sachsen als „unsexy“ beschrieben. Das liegt, glaube ich, vor allem am Dialekt. Ich kann nur raten: Macht euch ein eigenes Bild und kommt einfach mal nach Leipzig oder Dresden. Dann werdet ihr sehen, wie cool und sexy Sachsen ist!

Welches ist Dein sächsisches Lieblingswort?
Die Kurzform von "Glück auf", das "G´auf"; als Begrüßung. Früher in der Schule haben wir das oft gesagt. 

Wenn Du einen Wunsch für unser Land frei hättest, welcher wäre das?

Ich wünsche mir, dass wir Sachsen wieder genügsamer und achtsamer werden und den Menschen wieder mehr mit Respekt und Wertschätzung begegnen: Achtsam mit Umwelt, Natur und Klima, achtsam aber auch im Hinblick auf das Erreichte und Geschaffene. Wir dürfen stolz und sollten dankbar dafür sein, was wir haben – es ist mehr als die meisten auf dieser Welt von sich behaupten können.