Vom 6. bis 16. September 2018 fand das Musikfest Erzgebirge unter dem Thema »TRÄUME« zum fünften Mal statt. Der Intendant des Festivals, Hans-Christoph Rademann, ist gebürtiger Schwarzenberger. Von der kleinen sächsischen Bergstadt aus träumte er sich in die Welt der Musik hinaus, wurde Mitglied des Dresdner Kreuzchores, studierte bis zur Wende an der Dresdner Musikhochschule und dirigierte bald darauf Konzerte in den USA, in Israel, Südafrika, Indien, Sri Lanka, Argentinien, Uruguay und Japan.
Aller zwei Jahre kehrt der musikalische Weltbürger in seine erzgebirgische Heimat zurück. Hier, wo sein Vater vierzig Jahre lang die örtliche Kantorei leitete, sein Bruder, ein Holzbildhauer, immer noch sein Atelier hat, und wo die Einwohner „ihren Hans-Christoph“ noch sämtlich zu kennen scheinen, hallen im Herbst die großen Kirchen von Chor- und Orchesterklängen wider. Im Zwei-Jahres-Takt wird das Erzgebirge Gastgeber für die Weltelite der Barockmusik. Viele große Namen waren schon zu Gast, manche von ihnen das erste Mal in der Region. Und zunehmend lockt das Gebirge so auch internationale Gäste an: aus den Niederlanden, aus Großbritannien, aus der Schweiz. Atemlos lauschen die Gäste den Ensembles, genießen die Natur und die familiäre Atmosphäre des Festivals, das im Wesentlichen vom Intendanten Rademann, von dem Geschäftsführer Ben Uhle und dem Dramaturgen Oliver Geisler (beide ebenfalls ehemalige Kreuzchor-Sänger jüngerer Generation) verantwortet wird.
Internationale Gäste kennen das Erzgebirge am ehesten als „Weihnachtsland“, in dem Schwibbogen, Räuchermann und Weihnachtspyramide die Exportstatistik mit großem Abstand anführen dürften. Kaum einer weiß indes, dass das Erzgebirge über Jahrhunderte nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch künstlerisches Quellgebiet für die einzigartige Kulturlandschaft Mitteldeutschland war. Berühmte Thomaskantoren vor Johann Sebastian Bach, etwa Johann Hermann Schein und Johann Kuhnau stammen aus dem Erzgebirge. Der große Bach selbst ‚bereicherte‘ sich am Erzgebirge, als er in den 1740er Jahren Bergwerksaktien erwarb. Und natürlich sind da die jahrhundertealten Kantoreitraditionen – ein unschätzbarer Wert, der dem modernen internationalen Klassikfestival im Erzgebirge nun ein Fundament und eine Verpflichtung ist.
Zum Abschluss einer auf sechs Jahre angelegten thematischen Reihe wartete dieses Musikfest in 2018 nach »BLICKEN« (2014) und »WEGEN« (2016) mit ganz unterschiedlichen »TRÄUMEN« auf. Künstlerisch hochkarätige Festkonzerte wechseln sich ab mit jungen, überraschenden Formaten – die Mischung, für die das dramaturgisch klug durchinszenierte Festival unter der Intendanz Rademanns steht. Nach dem festlichen Eröffnungskonzert in der St. Martinskirche in Zschopau am 7. September 2018 reihten sich 2018 Konzerte in Annaberg-Buchholz, Schloss Schlettau, Grünstädtel, Grünhain, Augustusburg, Freiberg, Schneeberg, Stützengrün und Schwarzenberg zu einer Kette farbiger, teils wilder »Träume«. Kein Wunder, dass auch das Nachtklangkonzert überraschend anders aufwartete: Im Werk der Firma „MÜHLE Rasurkultur“ durften sich Konzertbesucher auf drei Ensembles mit drei musikalischen Überraschungen in einzigartiger Atmosphäre freuen. Hier wurde die „Alte Musik gegen den Strich gebürstet“. Als musikalische Künstler wirkten u.a. das Barockorchester Wroclaw, Geigerin Mayumi Hirasaki, der Dresdner Kammerchor, der Lettische Rundfunkchor und der Knabenchor Hannover mit. Auch Musikfest-Chef Hans-Christoph Rademann war als Dirigent zu erleben, so auch bei einem festlichen Konzert, in dem der feierliche Abschluss einer anspruchsvollen Gesamteinspielung aller Werke des Komponisten-Altvaters Heinrich Schütz gefeiert wurde.