Kennt ihr Narnia? Die Geschichte, in der die Kinder durch einen Schrank in eine andere Welt geraten? Es muss so ähnlich sein, wie wenn man den Gründer Richard Friedrich in der Zentrale seines Onlineshops „Direkt vom Feld“ in Flöha besucht. Man steigt eine rumpelige Bautreppe hinauf, öffnet eine unscheinbare Tür und gerät in das Universum der Gerüche: Wir schließen die Augen, denn unsere Nase umfangen die Düfte von Berg-Oregano, Urwaldpfeffer und indischen Nelken. Der 28-Jährige ist hier Geschäftsführer, Geschmacksexperte, Gesundheitsberater und Reiseführer in einem: Im Interview nimmt er uns mit auf die Berge Griechenlands, in den Urwald Indiens und auf eine Finca auf Mallorca. Der Yoga-Lehrer und studierte Maschinenbauer Richard verbindet Welten, sieht sich als Vermittler zwischen kleinen Bauern und dem Verbraucher. Wir können gar nicht anders und lassen uns von ihm entführen.
„Direkt vom Feld“ ist ein Onlineshop nur für Gewürze. Wie kamst Du auf die Idee?
Die Auswahl Deiner Zulieferer übernimmst Du also selbst? Wie kann man sich das vorstellen?
Ich habe bei „Null“ angefangen, im Kopf als auch praktisch. Ich wusste nicht so richtig, wonach ich suchen soll, auch Bücher bringen da nichts. Also bin ich nach Indien geflogen, weil ich wusste, da gibt’s Pfeffer. Es ist ja nicht so, dass indische Bauern ihre Webseite pflegen und bei Google stehen. Also habe ich geschaut, welche Lieferanten in Deutschland schon indischen Pfeffer anbieten, hab mir Kooperativen in Indien gesucht und mir dann ganz viele Bauern angeschaut. So habe ich Schritt für Schritt herausgefunden, wer wirklich gut ist, wer begeistert über sein Produkt spricht. Und so ähnlich ist das auch bei meinen anderen Erzeugern. Ilias aus Griechenland zum Beispiel habe ich an einem Messestand kennengelernt. Ich hatte gerade darüber gemeckert, dass ich keine kleinen Kräuterproduzenten aus der Mittelmeerregion finde. Da guckte er mich an und bekam leuchtende Augen. Er hätte vor einem Jahr Felder in Griechenland gepachtet und würde auf 1.200 Meter Berg-Oregano anbauen. Also fuhr ich im nächsten Sommer hin und habe gesehen: Das stimmt ja wirklich. Anderes Beispiel: Unsere Paprika habe ich über einen Tipp gefunden, da hatte ein Fotograf Bauern auf Mallorca begleitet. Ich schrieb dem Fotografen und kam so an die Leute. Wenn wir uns dann einmal gefunden haben, bezahle ich gute Preise, auch weil wir keinen Zwischenhändler brauchen, und pflege die Beziehungen langfristig. Mittlerweile haben wir so ca. 12 Erzeuger aus acht Ländern und bieten rund 30 verschiedene Gewürze und Tees an.
Riechen, schmecken, fühlen – das alles geht online schwierig. Warum bestellen die Leute dennoch?
Aber Ihr habt doch auch Veranstaltungen?
Das kommt noch dazu. Ich habe schon immer gern mit Freunden an einem langen Tisch zusammengesessen und gegessen. Da kam die Erkenntnis, dass Essen doch mehr ist als Nahrungsaufnahme, es ist auch Gesellschaft. Diesen Gedanken transportierte ich in die Veranstaltung „Am Tisch mit Freunden“. Hier kochen wir selbst oder laden Berufsköche ein. Alles passiert sichtbar, sodass Du zuschauen kannst, aber nichts schnippeln musst. Du sitzt da mit Leuten zusammen, die Du noch gar nicht kennst, was anders ist als im Restaurant. Wir bieten in unregelmäßigen Abständen solche Abende zu bestimmten Themen an. Seit letztem Jahr organisieren wir auch eine Gewürzreise nach Mallorca. Dann miete ich eine Finca, die Kunden können mitkommen und wir ernten zusammen die Paprika, um ein Gefühl für ihren Wert zu bekommen. Wir gehen zusammen auf dem Markt einkaufen und kochen abends gemeinsam, besuchen gute Restaurants oder ein Bio-Weingut.
Du kochst auch mittags mit Deinen Kollegen und wirkst sehr entspannt. So stellt man sich einen Gründer nicht unbedingt vor. Was machst Du anders, woher nimmst Du die Ruhe?
Wir gehen durch die Regale und spüren es bald selbst. Durch die Gerüche und den Geschmack fühlen wir uns anders und beginnen, anders übers Essen zu denken. Richard, was machen Deine Gewürze mit uns?
Kochst Du selbst nur mit Deinen eigenen Gewürzen?
Ja. Es ist wie bei Rotwein: Wenn Du einmal einen guten getrunken hast, wenn Du einmal weißt, wie es schmecken kann, schraubst Du Deine Ansprüche nicht wieder zurück.
Interview: Marcus Lehmann von Vorlautes Netzwerk
Fotos: Magda Lehnert von wanderfolk.de, Fabian Thüroff und Unternehmensfotos
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