Wie KI uns gesund und schön macht
Maria-Liisa Bruckert und Martin Pentenrieder kennen sich aus in der Welt und wollen selbige besser, gesünder und schöner machen. Und so lautet auch der Anspruch den sie mit Ihrem Team und ihrem Unternehmen SkinTech verfolgen. Im Jahr 2021 entwickelten sie mit ihrem Team die App SQIN, die sie als „digitale Hautklinik“ bezeichnen. Die App wartet mit Allerlei Ratschlägen rund um die Themen Schönheitspflege und Hautgesundheit auf und bietet darüber hinaus asynchrone, telemedizinische Sprechstunden mit Dermatologen via Chat inklusive Rezeptausstellung und angebundener Versandapotheke auf. Alles auf Grundlage von künstlicher Intelligenz (KI). Da die Nachfrage nach einer KI-Lösung wie der ihrigen im Beauty-Markt sehr groß ist, haben die beiden Gründer Ende 2022 angefangen ihre zugrundeliegende Software-Lösung als Business-to-Business-Produkt anzubieten und tun das seit 2023 unter dem Produktnamen IQONIC.AI.
Was beide neben dem Geschäftlichen eint, ist die Liebe zur sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Unter anderem hier haben beide studiert und auch eine Betriebsstätte Ihres Unternehmens etabliert. Mit Maria-Liisa Bruckert, die 2022 mit dem Titel „Top 20 Women in AI – Germany“ ausgezeichnet wurde, und Martin Pentenrieder, der 2021 in die Liste der „Forbes 30 Under 30 – Europe“ aufgenommen wurde, haben wir uns in einem Doppelinterview über KI, Sachsen und ihr Tool für Gesundheit und Schönheit unterhalten.
Liebe Frau Bruckert, lieber Herr Pentenrieder, können Sie den Leserinnen und Lesern kurz beschreiben, was IQONIC.AI kann?
Martin Pentenrieder: IQONIC.AI ist unsere Softwarelösung für den Kosmetikmarkt. Mit einem einfachen Selfie auf dem Smartphone oder Tablet kann die KI Haut und Haare analysieren. Damit unterstützen wir den Haar- und Hautpflegemarkt – der allein in Deutschland 17 Milliarden Euro schwer ist und weiter stark wächst – bei seinen Herausforderungen. Angesichts der schieren Größe des Marktes wird es für Marken immer schwieriger Kunden zu gewinnen und zu binden. Für die Kunden wiederum ist es schwierig, die Produkte zu finden, die wirklich zu ihnen passen. Hier hilft unsere KI-Analyse: Basierend auf den Ergebnissen werden dem Kunden passende Produkte und Routinen für seine Haut und Haare vorgeschlagen.
Maria-Liisa Bruckert: Gleichzeitig haben wir mit unserer Lösung das Potential, das Gesundheitssystem zu entlasten, durch Früherkennung im Alltag. Durch Künstliche Intelligenz können potenziell krankhafte Hautveränderungen erkannt werden und die Kundinnen darauf hingewiesen werden, dass sie diese beim Arzt abklären lassen sollten. Darum haben wir unsere Technologie zusammen mit erfahrenen Dermatologen entwickelt.
Wagen wir einen Blick in die Vergangenheit. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Beauty- und Digital Health-Markt zu revolutionieren und was hat Ihren Weg bis hierher begünstigt?
MLB: Wir kommen beide aus dem Bereich der digitalen Transformation. Martin hat in der Vergangenheit vor allem in den Bereichen Mobilität und Energie gearbeitet (und auch schon selbst gegründet), ich war bei Siemens in der globalen Digitalisierungsstrategie tätig.
Martin Pentenrieder: Wir hatten beide den Wunsch, unser Know-how auf andere Märkte anzuwenden und sahen großes Potenzial im Beauty- und Gesundheitsmarkt: Als wir anfingen, waren diese beiden Märkte sehr konservativ und wenig digitalisiert. Darum haben wir uns mit verschiedenen Stakeholdern – Marken, Händlern, Ärzten, Endverbrauchern, usw. – zusammengesetzt, um gemeinsam eine Lösung für die großen Herausforderungen des Marktes zu entwickeln. Dazu gehören vor allem der Wunsch nach Personalisierung, die Schwierigkeiten der Marken Kunden zu erreichen und zu binden, fehlende Lösungen für die persönliche Beratung im digitalen Raum, aber auch beispielsweise der Mangel an medizinischem Fachpersonal bei gleichzeitig steigenden Patientenzahlen: Täglich sind 1,8 Milliarden Menschen von Hautkrankheiten betroffen – das ist fast ein Viertel der Weltbevölkerung!
Maria-Liisa Bruckert: Wir freuen uns, dass wir mit unserer Lösung so viel Positives bewirken können. Dass wir den richtigen Zeitpunkt gefunden haben unsere Technologie fertig zu haben als KI zum Hype wurde, hat uns definitiv in die Karten gespielt. Vor allem aber hat es uns geholfen, dass wir von Anfang an alle Stakeholder mit einbezogen und ganzheitlich gedacht haben, und nicht wie viele andere das Problem nur von einer Seite betrachtet haben.
Vom Damals ins Heute. Wie sieht ihr täglicher Arbeitsalltag aus? Womit beschäftigen Sie und Ihr Team sich aktuell?
Martin Pentenrieder: Die Technologiebranche ist extrem schnelllebig. Es gilt, am Ball zu bleiben und die Trends von morgen frühzeitig zu erkennen, um das Unternehmen zukunftsorientiert auszurichten. Deshalb haben wir in den letzten Monaten viel Zeit an den Impulspunkten unserer Branche, zum Beispiel in den USA, verbracht.
Vom Heute ins Morgen. Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in 10 Jahren?
Maria-Liisa Bruckert: Wir arbeiten jeden Tag daran, IQONIC.AI zum absoluten Vorreiter im Markt zu machen. Schon heute haben wir Kunden in verschiedenen Märkten weltweit. Ein wichtiger Schritt dabei war, dass wir unsere Algorithmen von Anfang an vielfältig trainiert haben, vor allem in Bezug auf Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Haarstruktur und vieles mehr.
Martin Pentenrieder: Außerdem hilft uns der ganzheitliche Ansatz: Jeder Mensch hat nur eine Haut (die übrigens unser größtes Organ ist). Deshalb sollte es auch einen Ort geben, der Schönheit und Gesundheit vereint. Gleichzeitig schauen wir uns auch andere, angrenzende Bereiche an, auf die wir unser Angebot ausdehnen wollen. Als Technologieunternehmen sind wir nicht auf einen Fachbereich beschränkt, sondern können das große Potenzial der Technologie voll ausschöpfen.
Laut Ihrer Website vereinen Sie in Ihrer Firma über sechs verschiedene Nationalitäten miteinander, es werden mehr als 14 Sprachen gesprochen und Frauen und Männer bilden zu gleichen Teilen das Team von SkinTech. Welche Vorteile lassen sich hierdurch für das Unternehmen, aber auch für jedes einzelne Teammitglied ziehen?
Maria-Liisa Bruckert: Wir wollten von Anfang an ein Produkt schaffen, das von allen genutzt werden kann, dass Menschen überall auf der Welt helfen kann. Deshalb wollten wir bewusst verschiedene Kulturen und Hintergründe zusammenbringen. Ein einfaches Prinzip: Verstehe die Zielgruppe, bevor du das Produkt fertigstellst. Unterschiedliche Perspektiven haben immer das Potenzial, neu und anders über Lösungen nachzudenken. Das fördert Kreativität und Methodik. Das erleben wir jeden Tag. Natürlich bergen kulturelle Unterschiede auch Herausforderungen, aber die interessanten Komponenten überwiegen.
Wie viel „Mensch“ steckt in Ihrer KI-Lösung und können Sie die Ängste, die die neue Technologie bei manchen Menschen auslöst nachvollziehen und Ressentiments lösen?
Martin Pentenrieder: KI ist hierbei kein Phänomen – jede neue Technologie, jede Veränderung löst zunächst einmal Respekt aus. Unsere Aufgabe ist es, KI erlebbar zu machen und Transparenz in den Nutzen und die Handhabung zu bringen. Mit IQONIC.AI sind wir daher stark auf Veranstaltungen präsent, um bei diesen Bedenken Brücken zu bauen. Alle unsere Daten werden im Übrigen von Ärzten und anderen Branchen-Experten validiert. Unser Ziel war es nie, die Experten zu ersetzen, sondern sie zu unterstützen und ihnen ein Werkzeug an die Hand zu geben, um effizienter zu arbeiten.
Sie beide waren schon rund um den Erdball tätig. Wie eingangs erwähnt leben und arbeiten Sie mittlerweile wieder in Dresden. Was hat Sie in die Landeshauptstadt zurückgeführt und was hält Sie in Sachsen?
Maria-Liisa Bruckert: Mit dem Studium in Dresden fing alles an. Wir beide schätzen die Arbeitskultur und die Loyalität hier im Freistaat. Außerdem hat Dresden absolute Wohlfühl-Argumente: die Elbe, die Altstadt und die Kinderfreundlichkeit – tolle Pluspunkte, um ein gutes Arbeitsklima langfristig zu erhalten.
Inhaltlich sind es außerdem der starke Zusammenhalt der Unternehmer*innen und die Nähe zur Wissenschaft, die einen zukunftsorientierten Aufbau mit starken Fachkräften und Partnern ermöglichen.
Was würden Sie sich für die Zukunft des Freistaats Sachsen wünschen?
Martin Pentenrieder: Wir wollen ein Vorbild dafür sein, wie Integration und Multikulturalität erfolgreich funktionieren können. Wir wünschen uns für den Freistaat, dass die Vorteile noch bekannter werden und sich in der Breite durchsetzen. Der Standort Sachsen hat durch die verschiedenen Forschungseinrichtungen und die hier angesiedelten Großunternehmen ein großes Potenzial für Start-ups. Gerade als KI-Hotspot hat der Freistaat durch die hiesige Halbleiterindustrie und die Universitäten enormes Potenzial, aber natürlich müssen wir dafür international vergleichbar sein und das Potenzial auch nutzen. Dafür braucht es Kooperation, um gemeinsam etwas zu bewegen.
Bei „So geht Sächsisch.“ steht selbstverständlich das Thema Dialekt regelmäßig auf der Tagesordnung. Man darf sagen, dass Sie hörbar dialektfrei durchs Leben gehen. Sprechen Sie dennoch einen Dialekt bzw. wie empfinden Sie Mundarten und insbesondere die sächsische?
Maria-Liisa Bruckert: Wir beide sind zugezogen, ergo sprechen wir keinen Dialekt. Bei den regelmäßigen Aktivitäten quer durchs Land ist das durchaus ein Überraschungsmoment. Dialekt – das ist kultureller Hintergrund. In unserem Team haben wir Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Identitäten geschlagen, dazu gehören natürlich auch die Sprachen und Dialekte. Wir schätzen diese Vielfalt sehr.
Abschließend eine Frage, die wir stellvertretend für künftige Gründerinnen und Gründer – nicht nur in Sachsen – stellen wollen: Was würden Sie Menschen raten, die sich so wie Sie mit einen Start-Up in die Selbstständigkeit wagen wollen?
Martin Pentenrieder: Wer eine Gründungsidee hat, sollte mutig sein und sich trauen. Man muss sich aber auch des Risikos bewusst sein und wissen, ob man es eingehen will. Unternehmertum ist kein Lifestyle, sondern eine lebensverändernde Entscheidung!
Maria-Liisa Bruckert: Wer gründen will, dem können wir raten, Vorbilder zu suchen und ein belastbares Netzwerk aus Experten und Gleichgesinnten aufzubauen. In Sachsen gibt es bereits einige erfolgreiche Start-ups und auch sehr aktive Investoren. Das hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt und kann auf jeden Fall als Vorbild dienen – hier lohnt es sich, Mentoren zu suchen! Schließlich sollte man seine Idee natürlich auch validieren. Was ist das Problem der Zielgruppe und ist mein Produkt wirklich die richtige Lösung dafür? Was wollen meine zukünftigen Kunden? Diese Fragen sollte man sich stellen und seine Idee gegebenenfalls anpassen. Das ist auch keine einmalige Sache, sondern ein dauerhafter Prozess.
Herzlichen Dank für das Interview, liebe Frau Bruckert und lieber Herr Pentenrieder. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Team einen erfolgreichen, langen Weg und stets sonnige Jahre in Dresden!