Shōkai shite mo īdesu ka!
Seit 2014 ist die deutsche Brotkultur immaterielles Weltkulturerbe, und mindestens genauso lange wirbt der Dresdner Bäcker Torsten Eckert für dieses besondere Kulturgut. Natürlich mit einer gehörigen Prise Sachsen als Zutat. Der umtriebige Bäckermeister, der im Dresdner Norden seinen Familienbetrieb mit zehn Angestellten führt, hat – neben der Liebe für Backwaren jeglicher Art - vor einigen Jahren aber noch etwas entdeckt: seine große Begeisterung für Fernost, speziell für Japan.
Und so kam es, dass Eckert das Angenehme mit dem Nützlichen verband und mit Unterstützung der hiesigen Handwerkskammer fortan japanischen Bäckern beibrachte, wie man echtes sächsisches Brot backt. Mal in Japan, mal in Dresden: Die japanischen Gäste lernten eifrig, worauf es bei der Herstellung eines guten Sauerteiges aus sächsischen Getreidekörnern ankommt. Über die Jahre haben sich so enge Freundschaften entwickelt, speziell zwischen Torsten Eckert und seinem Kollegen Yasuteru Nakagawa, der in Nagano die Bäckerei Brot Hügel betreibt. Nun werden beide im Deutschen Pavillon auf der Expo in Osaka auf der Bühne stehen, im Rahmen des Sächsischen Ländertages am 1. Oktober, und über die sächsische und die japanische Kunst des Brotbackens berichten.
Herr Eckert, man könnte Sie mit Fug und Recht als Sachsens „Brotschafter“ bezeichnen. Sie werben für das Immaterielle Kulturerbe des Brotes nicht nur in der sächsischen Heimat, sondern auch in Dubai und vor allem in Japan. Woher kommt das Interesse der Japaner am deutschen Backwerk?
Japaner lieben deutsche Backwaren seit langem, nicht erst seit ein deutscher Konditor im Jahr 1919 den Baumkuchen nach Japan brachte, der heute eine große Bedeutung in Japan hat. Und da die Japaner ja sehr gern reisen, sind sie in Deutschland schließlich auch auf den Geschmack des Brotes gekommen.
Was können die japanischen Bäcker beim Brotbacken von den Sachsen lernen? Was ist die besondere sächsische Komponente?
In Deutschland gibt es über 3.000 verschiedene Brotsorten. Hier werden zahlreiche Getreidesorten verwendet, die in Japan weder bekannt sind, noch angebaut werden. Malfamehl beispielsweise ist typisch sächsisch. Zur Expo werden wir damit Brötchen backen und es die Japaner im Deutschen Pavillon verkosten lassen.
Was haben Sie wiederum über die japanische Backkunst gelernt?
Es gibt natürlich viele typisch japanische Backwaren, z.B. Bohnenmusbrötchen mit Azukibohnen. Auch die Liebe zum Detail ist mir aufgefallen. Brot und Brötchen sind dort keine „Massenware“, sondern eher Einzelstücke, da die Bäckereien viel weniger Kundschaft haben als in Deutschland. Der Genuss eines Brötchens ist dort etwas ganz Besonderes.
Welche Unterschiede gibt es bei der Ausbildung zum Bäcker zwischen Japan und Sachsen?
In Japan gibt es die duale Ausbildung, wie man sie von Deutschland kennt - mit Berufsschule und praktischer Ausbildung im Betrieb - nicht. Ebenso wenig in China. Deutschland ist in dieser Hinsicht wirklich Vorreiter und Vorbild.
Wie groß ist die Nachfrage nach deutschen Backwaren in Japan? Handelt es sich eher über einen Nischen- oder einen Zukunftsmarkt?
Es gibt 112 Millionen Japaner, da besteht natürlich ein Markt. Zumal Japaner grundsätzlich ein großes Interesse an allem Deutschen haben, egal, ob Brot oder Bratwurst. Dennoch würde ich eher von einem Spezialsegment sprechen.
Welches japanische Backwerk sollte jeder Japan-Urlauber Ihrer Meinung nach probiert haben?
Oh, die Liste ist lang. Aber gefüllte Melonenpan (Brötchen) sind ein Hit und sehr zu empfehlen.
Nun werden Sie am 1. Oktober gemeinsam mit Ihrem japanischen Kollegen auf der EXPO in Osaka im Deutschen Pavillon über Ihre ganz besondere Bäckerfreundschaft berichten. Was genau ist geplant?
Natürlich werden wir für das Immaterielle Weltkulturerbe „Deutsches Brot“ werben und darüber berichten, wie ein Sachse nach Japan gekommen ist. Und natürlich wird es auch frisches Malfabrot mit Malfamehl aus dem Erzgebirge zur Verkostung geben.
Abschließend die Frage: Haben Sie sich in Ihrem Sortiment im heimischen Dresden an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch von Japan inspirieren lassen?
Ja, durchaus. Wir haben zum Beispiel einmal zum Fasching Sachsen-Pfannkuchen mit grüner Füllung hergestellt, die mit Matcha gefärbt war, also grünem japanischem Tee. Und wir haben bis heute zwei japanische Bäcker ausgebildet. Die eine kam aus Sapporo im Norden Japans und der andere aus Tokio. Beide hatten ihren Hochschulabschluss in der Tasche und wollten das deutsche Bäckerhandwerk erlernen.
Vielen Dank, Herr Eckert! Wir sehen uns in Osaka!
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Bilder: © Torsten Eckert und Yasuteru Nakagawa