Alle zum Berg- und Hüttenwesen gehörigen Arbeiter (Bergvolk) mussten diese Kleidung ab 1768 an Fest- und Lohntagen tragen sowie in Gegenwart ihrer Vorgesetzten. Mit verschiedenen Abänderungen in Schnitt, Farbe und Verzierungen trugen diese Kleidung auch die Berg- und Hüttenbeamten bis zum Oberberghauptmann hinauf.
Von der schlichten Arbeitskleidung zur prächtigen Uniform
Das harte, ärmliche und entbehrungsreiche Leben der Bergleute, das in ihrer Arbeitskleidung zum Ausdruck kam, war von dem Bild, das die bergmännische Festkleidung, wie sie noch heute bei öffentlichen Aufzügen und bei den traditionellen Bergparaden in der Vorweihnachtszeit im Erzgebirge beeindruckt, weit entfernt.
Entsprechend ihrer verschiedenen Tätigkeiten wurden die Berg- und Hüttenleute einst bei den Paraden, in mehrere Abteilungen gesondert, von einem „Bergofficianten“ zu Pferde und zum Klang der Bergmusik durch Straßen und Gassen geführt. Vorangetragene Fackeln und brennende Grubenlichter gaben diesen Aufzügen vor allem im Dunkeln eine besondere Schönheit. Vor der Wohnung dessen, dem der Aufzug galt, bildete der Zug einen Halbkreis. Dann wurden mehrere Stücke von Bergmusik vorgetragen, worauf bei freudigen Gelegenheiten ein bergmännisches Lebehoch („Glückauf!“) das Ganze beschloss.
Doch wie haben sich die Bergmannsuniformen eigentlich entwickelt?
Arbeitskleidung, Aufzugstracht, Parade-Berg-Habit, Dienstkleidung, Paradeuniform – ja, was denn nun?

Die erste Reglementierung der bis dahin als Ausgeh- und Festtracht genutzten Kleidung erfolgte mit dem großen bergmännischen Aufzug zum Saturnusfest im Plauenschen Grunde bei Dresden anlässlich der Hochzeit des Kurprinzen 1719. Aus den starken Eigenheiten in den einzelnen Revieren formte man ein einheitliches Bild – uniform eben. Amtlich hält man seither am zylindrischen Schachthut fest. Auch die Rosette in den Landesfarben („Kokarde“) blieb bestehen. Interessanterweise trugen die Bergleute zur Parade keine Tzscherpertasche – und das, obwohl sie die im Dienst am meisten brauchten.
Parade-Berg-Habit als Ausdruck der Rangordnung
Da Vorschriften aber mitunter vergessen werden, verordnete Generalbergkommissar von Heynitz 1766 ein „Parade-Berg-Habit“, ganz eindeutig nun eine Paradetracht in Uniformerscheinung. Die Berg- und Hüttenleute wurden nunmehr in Klassen eingeteilt. Es erfolgte eine Orientierung an militärischen Mustern, die Rangordnung wurde sofort sichtbar, wie auch die Abhebung von den zivilen Volksschichten. Da die Beamtenausstattung jedoch bis zu zwei Jahresgehälter kostete, und man sich mühsam alle Groschen zusammensparen musste, sann das Oberbergamt auf Abhilfe: Zur Schonung der Geldbeutel gab es ab 1793 eine Interimsuniform. Sie war durchaus im Zeitgeschmack geraten, mit modischem Dreispitz und – anstelle des bisher vorgeschriebenen Tressenbesatzes aus echtem Gold oder Silber – war nunmehr auch entsprechend eingefärbte Drahtware statthaft. Allerdings kostete die „Einsparung“ die Beamten eine weitere Uniform!
Als einer der größten Verfechter der strikten Reglementierung der Bergmannsuniformen gilt Oberberghauptmann von Herder. Unter seinem Einfluss verschärfte sich nach 1826 die 1768 getroffene Festlegung, dass die Uniform zur dienstlichen Verrichtung und beim öffentlichen Auftreten auch im privaten Umfeld getragen werden muss. In einem königlichen Patent wurde „das Nichttragen des Habites als Verleugnung des Standes und des bergmännischen Geistes, seine willkürliche Veränderung und Ausgestaltung als unpassender Luxus“ verurteilt und mit Strafen belegt. Und obwohl man – die abnehmende Bedeutung des Erzbergbaus erkennend – immer schärfer vorschrieb, beschäftigte man sich seit den späten 1830er Jahren mit Vereinfachungen. Die Berg- und Hüttenleute tangierte das alles nicht mehr. Ihre Uniformen hatten mit der Kokarde, dem rosettenförmigen Hoheitszeichen an den Schachthüten in den neuen Landesfarben Weiß und Grün, 1827 quasi den letzten Schliff erhalten.
Mit Wegfall des Zwanges trug man die Uniform gern
Gleichwohl hörten die Kritiken nicht auf – zumal 1853 schon wieder ein Regulativ erschien, das bei Nichtbeachtung Strafen festsetzte, die „… bei unverkennbarer Renitenz oder in Wiederholungsfällen auf bis zu fünf Thaler steigen können.“ Mit Einführung des Allgemeinen Berggesetzes 1869 und der Auflösung des Oberbergamtes ging für den Staatsbergbau ein langgehegter Wunsch in Erfüllung: Der Uniformzwang wurde hinfällig. Und wie so oft, wenn man vom Zwang befreit ist: Als Gegenstand bergbaulicher Tradition, als Ausdruck altüberlieferten Berufsstolzes, hat man die Uniform nun gern getragen.
Hinzu kam, dass der Steinkohlenbergbau in Sachsen in gleichem Maße an Bedeutung gewann, wie sie der Erzbergbau verlor. Die lange nicht anerkannten „Köhler“ sollten das Selbstverständnis als besondere Berufsgruppe und ihren Berufsstolz nun ebenso zeigen dürfen. Nicht zuletzt wollten die Besitzer der steinkohlefördernden Unternehmen und ihre hohen Beamten ihre Stellung und Wertigkeit im Bergbau und Sozialgefüge auf diese Weise dokumentieren.
Zunächst führten die Werke im Döhlener Becken bei Dresden Paradeuniformen ein, denen ab Mitte des Jahrhunderts die Unternehmen im Zwickauer und Lugau-Oelsnitzer Revier folgten. Schwarz und Silber wurden Grundlage des Erscheinungsbildes. Und die Paradeuniform wurde verteidigt – gerade unter dem Gleichschaltungsbestreben des Nationalsozialismus.
Im Erzbergbau, der ab den 1930er Jahren wieder stark zunahm, blieb das historisch überlieferte Erscheinungsbild unterdessen unverändert. Das Brauchtum pflegten teils Traditionsvereine, die sich im Verband der Obererzgebirgischen Bergknapp- und Brüderschaften, dem heutigen Sächsischen Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine, zusammenfanden.
1950 wurde in der DDR das Bergmanns-Ehrenkleid als neue Uniform durch die Regierung eingeführt. Auch sie sollte wieder einmal das gesamte Montanwesen in ein einheitliches Bild kleiden.
Heute sehen wir Tracht, Habit und Uniformen aller Epochen vereint. Damit repräsentieren die vielen Brauchtumswahrer die Bedeutung des Berg- und Hüttenwesens, das maßgeblichen Anteil am Aufstieg der sächsischen Wirtschaft zu Weltgeltung hatte. Zugleich ist es eine Würdigung der Väter und Vorväter, die durch ihr mühevolles und fleißiges Wirken zu diesem Ergebnis beitrugen und denen ihre Festkleidung wichtiger Ausdruck des Berufsstolzes war.
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Text: Heino Neuber
Titelbild: Abschlussbergparade, Annaberg-Buchholz, Foto: Wolfgang Schmidt © Tourismusverband Erzgebirge e.V.