Inhalt überspringen
Eine TRACHT Heimat.

Trachten der Sorben

Tracht in voller Pracht

Es ist ein wahrer Schatz, den die Sorben seit Jahrhunderten bewahren und bis heute lebendig halten: die sorbische Tracht – von Generation zu Generation weitergegeben und Symbol für die kulturelle Identität dieser nationalen Minderheit, von der heute noch rund 60.000 im Freistaat Sachsen und im benachbarten Brandenburg beheimatet sind.

Mit ihren farbenfrohen Stoffen, kunstvollen Stickereien und spezifischen Mustern erzählen sie bis heute Geschichten von Traditionen, Herkunft und gesellschaftlicher Zugehörigkeit. Das Siedlungsgebiet der Sorben erstreckt sich über Sachsen (Oberlausitz) und Brandenburg (Niederlausitz) und wird in fünf Trachtenregionen unterteilt, von denen vier in Sachsen liegen. In den Kreisen Bautzen und Kamenz werden katholische Trachten getragen. Die anderen drei sächsischen Trachtenregionen befinden sich im Kreis Schleife, im Kreis Bautzen und im Gebiet um Hoyerswerda. Die fünfte Trachtenregion – die der Niedersorben – liegt in Brandenburg, im Spreewald.

Traditionell waren die sorbischen Volkstrachten die Kleidung der ländlichen Bevölkerung in der Ober- und Niederlausitz. Sie entwickelten sich etwa im 17. Jahrhundert und zeichnen sich - besonders die Sonntags-, Tanz- und Festtrachten – noch heute durch kunstvolle Perlen-, Tüll- und Kreuzstickerei auf Bändern, Tüchern, Hauben und Schleifen und eine einheitliche Farbsymbolik aus. Rot ist die Farbe der Kinder und der Jugend, das Erwachsenenalter wird – vor allem bei Hochzeitstrachten – durch die Farbe Grün symbolisiert, eine besonders feierliche Stimmung drückt edles, elegantes Schwarz aus. Ab dem 19. Jahrhundert verloren die Trachten jedoch in vielen Regionen an Bedeutung und wurden abgelegt. Die Männertrachten gingen während des Nationalsozialismus weitestgehend verloren. Die Sorbinnen hingegen halten die Tracht bis heute lebendig und tragen sie zu Festtagen, Hochzeiten und anderen besonderen Anlässen.

Und das kann – von Region zu Region – ganz unterschiedlich aussehen, denn man unterscheidet verschiedene sorbische Trachtentypen. Die Tracht der katholischen Sorbinnen beispielsweise wird in etwa 85 Orten zwischen Kamenz und Hoyerswerda getragen. Besonders auffällig ist die Kirchgangstracht, die sehr dunkel daherkommt und mit dem knöchellangen Rock einem Nonnengewand anmutet. Ins Auge fällt zudem das breite, schwarzseidene, zur Schleife gebundene Kopfband, das lang über den Rücken herabhängt. Die Brauttracht zeichnet sich durch ein besonderes Schmuckstück aus: eine Münzschnur, auf der seltene Jubiläums- und Silbermünzen gesammelt werden und die von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Die reich bestickte Hoyerswerda Tracht wird in 28 Ortschaften rund um Hoyerswerda getragen. Aus einfachen Materialien wie Leinen und Wolle gefertigt, wird sie von klaren, kräftigen Farben dominiert. Typisch sind die mit einer Schleife im Nacken gebundenen Hauben aus Tüll oder Seide sowie die gefalteten, gekrausten Ärmel, die die Schultern umschließen. Bräutigame in Hoyerswerda zeigen sich in Hochzeitstrachten mit samtenen, hohen, oben offenen Pappzylindern. Die „borta“ der Braut wird am oberen Rand mit einem glänzenden Silberreif verziert. In anderen Gemeinden umschlingen den Kopf der Braut besondere Bänder, die Schürzen der Hochzeitsgewänder beeindrucken mit kunstvoller Loch- und Tüllstickerei. Der orangefarbene Oberrock, die schwarzseidene Haube mit Schleifen im Nacken und die gleich geformte weiße Mädchen-Tüllhaube sind charakteristisch für die Sonn- und Festtagstracht der Mädchen und jüngeren Frauen. Interessantes Detail: Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges existierte eine Kindertracht. Mädchen wie Jungen wurden zunächst in Trachtenrock-ähnliche Kleidchen gekleidet. Erst mit dem Alter von vier Jahren unterschieden sich die Trachten farblich.

Die ursprünglichste Tracht der Sorben ist die Schleifer Tracht, die in den sieben Dörfern der Schleifer Region Schleife, Rohne, Mühlrose, Groß Düben, Halbendorf, Mulkwitz und Trebendorf getragen wird und sich den Charakter einer echten Bauerntracht bewahrt hat. Leinen, Wolle und Kattunstoff in kräftigen Farben werden mit Lochstickereien aus einfachen Motiven verziert. Die Mädchen tragen eine malerische Haube aus rotem Kattun, die Frauen eine aus blauem oder grün-weißem Stoff. Die Haubenbänder werden mit Schmuckschleifen unterm Kinn verziert. Ein blau-grün gestreiftes Wolltuch und großflächige Blaudruckschürzen, die an Festtagen durch eine weiße Leinwandschürze ersetzt werden, vervollständigen das typische Erscheinungsbild.

Schließlich gibt es noch die Tracht der Sorben um Bautzen, die den sogenannten Truhentrachten zugeordnet wird. Sie ist die einzige der sorbischen Trachten, die heute nicht mehr im Alltag getragen wird. Rock, Spenzer (enganliegende taillenkurze Jacke) und Schürze waren einheitlich schwarz. Der Kopfschmuck hingegen variierte je nach Region zwischen Es wurde entweder eine Flügelhaube oder ein kleines weißes Trauertuch, das bis zu den Hüften reichte, getragen. Auch wenn die Bautzener Tracht  heute nicht mehr im Alltag getragen wird - ganz ausgestorben ist sie glücklicherweise noch nicht. Zu besonderen kulturellen Anlässen kleiden sich die Frauen in nachgestaltete Trachtenversionen, welche anhand originaler Vorbilder gefertigt werden.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch die Niedersorbische Tracht genannt, die im Spreewald - in circa 60 Ortschaften rund um Cottbus – getragen wird. Sie wird auch als Spreewaldtracht bezeichnet und unterscheidet sich durch die Lapa grundlegend von den Trachten der sächsischen Sorben, in denen deutlich kleinere Hauben als Kopfschmuck getragen werden.

Titelbild: Sorbisch-katholische Tracht © Marketing-Gesellschaft Oberlausitz-Niederschlesien mbH, Foto: Darius Buder