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Die Alltagsrevolutionäre – Roboter auf dem Vormarsch

Roboter TU Chemnitz
Bald helfen uns Roboter beim Einkaufen. Foto: Julia Soondrum

Menschen und Roboter sind sich gar nicht so fremd, wie viele von uns glauben.

Zumindest wenn es nach Prof. Ulrike Thomas geht. Die Professorin für Robotik und Mensch-Technik-Interaktion an der TU Chemnitz kam mit dem großen Ziel nach Sachsen, die Welt ein Stückchen angenehmer zu machen und vor allem mehr Freizeit zu schaffen. Sie stellt sich eine Welt vor, in der Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten. Nicht in kalten, grauen und robotergesteuerten Maschinenparks. Sondern genau da wo auch die Menschen arbeiten, als hochspezialisierte Alltagshelfer.

„Wir entwickeln verschiedene Varianten von Prototypen. Zunächst sollen die Roboter in relativ strukturierten Umgebungen, wie im Supermarkt, einsetzbar sein. Da kann ein Roboter uns dabei unterstützen unsere Waren einzusammeln und diese in den Warenkorb zu legen. Diese Roboter sehen allerdings noch nicht sehr menschlich aus. Sie erinnern uns eher an die Industrierobotik“, erklärt Ulrike Thomas.

Mensch und Roboter arbeiten Hand in Hand

Roboter sollen feinfühliger greifen, stabiler laufen und sicherer mit Menschen interagieren als ihre bisherigen Artgenossen. Das ist eines der zentralen Forschungsfelder der Wissenschaftler an der Professur für Robotik und Mensch-Technik-Interaktion der TU Chemnitz. Es geht vor allem darum, technische Helfer zu entwickeln, die in der Zukunft vielfältig angewendet werden können, z.B. in der Industrie, in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, beim Einkaufen oder in der Paketzustellung. „Ich sehe Roboter als Hilfsmittel. Sie müssen für die Menschen da sein und sie unterstützen, um gemeinsam mehr Freizeit und Zeit für Kreativität für den Menschen zu generieren“, so Ulrike Thomas weiter.

Fotos: TU Chemnitz

Forschungsprojekt wird patentiert

Die Forschung an der TU-Chemnitz zahlt sich aus: Im Juli 2020 erhielten Ulrike Thomas und der Doktorand Hongxi Zhu ein neues Patent auf dem Gebiet der Robotergelenke. Das nachgiebige Gelenk ist mit Federn ausgestattet, durch die sich Energie aufnehmen lässt. Damit kann Kollisionsenergie abfließen und der Roboter darf sich in naher Umgebung eines Menschen schneller bewegen, ohne, dass dieser gefährdet wird. Ein weiterer Vorteil der nachgiebigen Gelenke: Die gespeicherte Energie kann auch zur Beschleunigung der Bewegung verwendet werden, so dass ein humanoider Roboter Bälle werfen oder sogar springen kann.

„Mittels eines zweiten Motors kann man die Federn des Roboters weich und hart stellen. Die Schwierigkeit ist hier, eine große Bandbreite abzudecken, von ganz weich bis ganz hart. Und das bekommt man nur hin, wenn man das nicht linear macht. Normale Federn sind schließlich ein lineares System. Jetzt ist natürlich nicht so viel Platz in so einem Gelenk. Wenn man hier eine lineare Feder einbaut, dann wird das Gelenk riesengroß. Mit der Verwendung von nicht linearen Übertragungsformen kann man mit einer relativ kleinen Feder recht große Energie aufnehmen. Diese Energie kann der Roboter dann schließlich für Aufgaben verwenden, bei denen er viel Kraft benötigt, beispielsweise einen Bolzen hineindrücken“, erklärt die Professorin.

„Und genau für dieses nicht lineare Gelenk haben wir das Patent. Gerade ist es dabei international patentiert zu werden. Wir planen hier eine Serie von Gelenken. Das nächste liegt bereits beim Patentamt“, freut sich Thomas.

Fakultätsübergreifende Forschung zu Hybriden Gesellschaften

Die Professur mit etwa 10 Mitarbeitern forscht neben humanoiden Robotern u.a. auch an Verfahren zur Telemanipulation, 3D-Drucktechniken und der Bildverarbeitung mit neuen KI-Methoden. Studenten, Doktoranden und wissenschaftliche Mitarbeiter entwickeln neue mechatronische Systeme und wenden dabei moderne Methoden aus der KI-Forschung an. Ziel ist es, die Mensch-Maschinen-Interaktion so zu gestalten, dass sie intuitiv und effizient ablaufen kann. Diese Kompetenzen bringt die Professur in den Sonderforschungsbereich Hybrid Societies (Hybride Gesellschaften) ein. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Vorhaben untersuchen Wissenschaftler aller Fakultäten der TU Chemnitz, wie spontane Begegnungen zwischen Menschen und mit intelligenten digitalen Technologien ausgerüsteten „Körpern“ wie Robotern, Drohnen oder hochautomatisierten Fahrzeugen in öffentlichen Räumen reibungslos gestaltet werden können.

Sachsen ist ein ausgezeichneter Standort für die Robotik

„Sachsen bietet traditionell mit dem starken Maschinenbau und der Produktionstechnik bereits gute Voraussetzungen. Außerdem hat Sachsen hervorragende Universitäten, sodass eine gute Ausbildung gesichert ist. Mit dieser Kombination ist gerade der Bereich der Robotik sehr spannend für Sachsen und für die Achse Dresden – Chemnitz“, erklärt Ulrike Thomas. „Hier sehe ich außerdem sehr viele Möglichkeiten, Ausgründungen oder auch Arbeitsplätze für die Zukunft zu schaffen.“

Es gibt deutschlandweit nur sehr wenige Laufroboter. Und Sachsen zählt jetzt dazu. An der TU Chemnitz werden Experimente mit dem eigens entwickelten humanoiden Laufroboter durchgeführt. „Darauf sind wir besonders stolz. Ich sehe das als riesiges Potenzial, die humanoide Robotik als Exportschlager für Sachsen zu gewinnen.“

Prof. Ulrike Thomas & der humanoide Laufroboter Foto: Julia Soondrum