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Museum der Woche

Feuerwehrmuseum Zeithain

Die historisch schönste Seite der Brandbekämpfung

Bis zum Rand gefüllt schwappt und platscht das Wasser auf den Boden. Von Hand zu Hand geht Eimer um Eimer. In der Luft – Brandgeruch. In rauchiger Ferne – lodernde Flammen. Stimmen, Schreie, Durcheinander, viele Köpfe, wenig Hilfe. Jeder kann, keiner muss. Gefüllte Ledereimer kreisen. Schweiß tropft von rußigen Gesichtern. Auf die Eimer folgten die ersten Handdruckpumpen, die schnelleres und effizienteres Löschen ermöglichten. Und von den Dingen geht es zu den Menschen.

„Freiwillige vor!“

Ein paar haben sich gefunden und gründeten am 17.07.1841 in Meißen die erste Freiwillige Feuerwehr. Die älteste ihrer Art. Dieses historische Datum bildet den Ausgangspunkt für die Ausstellung und Sammlung des sächsischen Feuerwehrmuseums Zeithains. Rechts der Elbe, zwischen Großenhain und Riesa, dort wo einst August der Starke sein prunkvolles „Lustlager“ aufschlug, steht eine der größten Sammlungen von Feuerwehrtechnik in Deutschland. Aufgeteilt in vier Epochen wird die 180 jährige Geschichte der sächsischen Feuerwehr erzählt und vor allem gezeigt. Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart.

Auf hölzernen Wagenrädern, eisenbeschlagen kommt das erste Einsatzfahrzeug der Sammlung daher. Der Motor hieß Muskelkraft, genauso wie bei den Handdruck-Feuerspritzen. Mit den Jahren wurden diese Spritzen motorisiert, ebenso die Fahrzeuge. Aufgereiht von alt nach jung, mit einem angenehmen Geruch von Schmieröl umgeben, stehen die technischen Relikte in enger Nachbarschaft. Sie sind technische Zeugen ihrer Entstehungszeit, fungieren als Spiegel für das Selbstverständnis der Feuerwehr in der jeweilige Epoche.

Siegfried Bossack, Gründer der AG Feuerwehrhistorik Riesa e.V. und seit 1984 Vorsitzender des Feuerwehrmuseum, brennt für „seine“ Löschtechnik: „Eigentlich ist jedes Exponat, ob groß oder klein, alt oder neu, eine Story wert.“ Auch nach all den Jahren glänzen seine Augen, wenn er mit anekdotenreichem Fachwissen durch die Ausstellung führt.

Vom Chaos zur Ordnung

Der Museumsbesucher erfährt kurzweilig etwas über das militärische Prinzip, welches der Feuerwehr als Organisations- und Handlugsstruktur zugrunde liegt. Zudem brauchte es Pionierarbeit, es brauchte Ingenieurskunst, es brauchte Produktionsstätten für Feuerwehrtechnik und Zubehör, die unter anderem in Zwickau, Görlitz, Zittau, Jöhstadt lagen. Erfindergeist aus der Region. Ideenreichtum von um die Ecke. Alles gibt es in Zeithain zu sehen, was rollt, tuckert, knattert und dröhnt und wenn es das nicht tut, dann keucht es wohl und ist mit einem Feuerwehreinsatzfahrrad auf dem Weg zur Brandbekämpfung. Bereits vor dem Tor des Museumsgeländes wartet ein Blickfang: „Ein prachtvoll restaurierter DDR-Feuerlöschzug der Deutschen Reichsbahn.“ Schwärmt Siegfried Bossack.

Der überwiegende Teil der historischen Fahrzeuge ist in einem ehemaligen Pferdestall untergebracht, der genauso liebevoll und aufwändig saniert wurde, wie die Exponate selbst. Stichwort „Liebevoll“: Neben funkelnden Schräubchen, blitzenden Kotflügeln, polierten Orden und Helmen sind es die herzlichen Menschen vor Ort, die den Gegenständen lebendigen Geist einhauchen. „Ehrenamtliche Vereinsmitglieder“, so Bossack, „die im Alleingang für Entstehung und Erhalt der Sammlung verantwortlich sind“, die recherchieren, restaurieren, bewahren und bewegen.

Und doch: „Es ist nicht alles rot was glänzt!“

Exemplarisch stehen die Ausstellungsstücke aus den 30er und 40er Jahren dafür, dass technischer und gesellschaftspolitischer Fortschritt nicht immer miteinander einhergehen. So wird in der NS-Zeit aus der Feuerwehr die Feuerschutzpolizei. Rubin- und Kardinalrot weichen Tannengrün und Wehrmachtsgrau und die Schadensabwehr nach Luftangriffen wird zur zentralen Aufgabe. Nach dem Krieg – die Neuorientierung. In Zeithain wartet eine „nahezu komplette DDR-Techniksammlung“, erklärt Bossack.

Wartburg, Barkas, Lastkraftwagen H3 und IFA W50 heißen die schillerndsten Marken von Feuerwehreinsatzfahrzeugen der DDR. Nicht zu vergessen: Marke Eigenbau. Aus Mopedteilen und einer Trabant-Lichtmaschine entstand ein Notstromaggregat. Unscheinbar und absichtlich nicht auf Glanz gebracht, zeugt es vom Mangel und der pragmatischen Problemlösung jener Zeit. Egal, was es in den letzten 180 Jahren in Sachsen gebraucht hat, um ein Feuer zu löschen – das Feuerwehrmuseum Zeithain hat es. Keiner weiß es besser als Siegfried Bossack: „Es ist die umfangreichste Darstellung der sächsischen und auch der ostdeutschen Feuerwehrgeschichte.“

Verschiedene Alarm- Signal und Fernmeldegeräte; Orden, Helme; Uniformen, Schläuche, Pumpen, Sirenen, Leitern, Fahrzeuge aus vier Epochen und aller Art mit zwei oder vier Rädern. Und ganz nebenbei: Jedes der motorisierten Vehikel ist fahrtüchtig. Bereit zum Einsatz. Die obligatorische Katze lässt sich mit dem ehrwürdigen Gerät allemal vom Baume holen. Und überhaupt, das Feuerwehrmuseum ist ein Museum zum Anfassen. Eine Kinderhand. Eine alte Hupe. Es trötet durch die Halle. So darf – so muss das sein! Technik zum Staunen, streicheln und drücken.

Rettung aus der Luft

Dann ist es soweit. Hinter der Glasfront des Hangars wartet ein Highlight der Ausstellung. Für die einen ist es das ZLIN Z 37A der Interflug mit beeindruckenden technischen Daten, für die anderen ein wunderschönes gelbes Flugzeug. Mit hoch erhobener Propellernase zeigt das Agrar- und Feuerlöschflugzeug sehnsuchtsvoll zum Himmel. Und über die Löscheinsätze hinaus erzählt es die Geschichte, dass mit Flugzeugen wie diesem acht Mal die Flucht in den Westen gelang. „Die Menschen blieben drüben. Die Flugzeuge wurden zurückgeholt.“

Es zeigt sich – Mensch und Technik schreiben die Geschichten. Vom Löschen mit Ledereimer bis zum fliegenden Löscheinsatz auf Höhe der Wolken. Ein Alarm geht raus, mit einladendem Sirenenklang für alle Technikbegeisterten, kleine und große Feuerwehrenthusiasten, Geschichtsinteressierte, Oldtimerbastler, Karosserieästheten: Besucht das Feuerwehrmuseum in Zeithain, die sächsische Einsatzzentrale glänzend roter Feuerwehrhistorie!

Fotos: Xaver Grimplini