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Erik Maier

Erik Maier

Leipzig

Wie sächsische Mittelständler die Digitalisierung meistern können, damit kennt sich Prof. Dr. Erik Maier von der Handelshochschule Leipzig aus. Gerade hat der 37-Jährige eine umfangreiche Studie zur Digitalisierung im sächsischen Mittelstand vorgestellt und berät nun sächsische Firmen im Rahmen der Digitalisierungsplattform „Zukunftsland Sachsen“ dabei, wie sie den Umbruch erfolgreich schultern können. Als „Überflieger“ lässt sich Maier dabei  ungern bezeichnen, aber irgendwie ist er genau das: Master an der Universität in Cambridge, Auslandssemester in Moskau und Washington, mit gerade mal 30 Jahren Junior-Professor in Wien, aktuell Professor an der HHL und Inhaber des dortigen Lehrstuhls für Marketing und Handel. Mit seiner Familie ist der gebürtige Großschönauer nun in Leipzig heimisch geworden. Was es mit dem „Zukunftsland Sachsen“ auf sich hat und wieso der Zittauer Gebirgslauf fest in seinem Terminkalender steht, verrät er uns im Gespräch.

Herr Maier, in den vergangenen Jahren waren Sie viel in der Welt unterwegs, nun haben Sie Ihre Zelte in Leipzig aufgeschlagen. Sind Sie gern nach Sachsen zurückgekehrt?
Ja. Natürlich habe ich mich zuerst wegen des sehr guten wissenschaftlichen Umfeldes für die Handelshochschule Leipzig entschieden. Aber die Möglichkeit zur Rückkehr nach Sachsen hat den Ausschlag für Leipzig und gegen einen alternativen Ruf nach Wien gegeben.

Seit dem vergangenen Jahr leiten Sie den Lehrstuhl für Marketing und Handel an der HHL Leipzig, beraten nebenbei kostenlos Unternehmen in punkto Digitalisierung – vorzugsweise in Ihrer Heimat, der Oberlausitz, und im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunftsland Sachsen“. Was genau verbirgt sich dahinter?
Wir versuchen zu zeigen, wie sächsische Mittelständler die Chancen der Digitalisierung nutzen können – egal, ob beim Thema Robotik, Mobilität der Zukunft oder künstliche Intelligenz. Unser Ziel ist Sichtbarkeit: von Erfolgen, aber auch von Herausforderungen. Man staunt wirklich, wie viele „Hidden Champions“ wir überall in Sachsen haben. Über die Vorstellung von Erfolgsbeispielen wollen wir andere Unternehmen inspirieren und ermutigen, den Schritt in Richtung Digitalisierung zu wagen, denn daran führt perspektivisch kein Weg vorbei.

Sie haben eine umfangreiche Studie zum Stand der Digitalisierung in sächsischen Unternehmen durchgeführt. Mit welchem Ergebnis?
Für mich die wichtigste Erkenntnis: Die überwiegende Mehrheit der sächsischen Mittelständler begreifen die Digitalisierung mittlerweile als Chance auf mehr Erfolg und nicht mehr nur als Bedrohung. 22 Prozent der Befragten sehen ihr Unternehmen sogar als Vorreiter in Sachen Digitalisierung. Wir haben einen grundsätzlichen Optimismus in der Unternehmerschaft wahrgenommen, und das stimmt mich hoffnungsfroh.

Worin sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Sachsen?
Für mich ist die demographische Entwicklung außerhalb der Ballungsräume eine große Baustelle. Nicht nur die Alterung der Bevölkerung, auch der Wegzug vieler. Auch ich wohne ja mittlerweile in Leipzig. Viele Unternehmen berichten mir, dass sie mittlerweile stärker um Mitarbeiter, als um Kunden werben müssen. Wir müssen es schaffen, dass auch der ländliche Raum als Wohn- und Arbeitsort attraktiv ist. Und das nicht nur für Sachsen, sondern auch für alle anderen.

Sie sind in Großschönau geboren, tragen die Oberlausitz im Herzen. Wie wird Sachsen Ihrer Meinung nach in der Welt gesehen?
International weiß man natürlich um die Schönheit und das reiche kulturelle Erbe Sachsens. Ich sehe mich scherzhaft gern als regionaler Kulturbotschafter, der internationale Freunde in den Freistaat lockt - und die waren immer begeistert. Man beobachtet international aber auch die politische Entwicklung in Sachsen sehr genau. Gelinde gesagt, ist Sachsen nicht gerade für seine Weltoffenheit bekannt. Wenn mir meine Freunde aus England oder den Vereinigten Staaten den letzten New-York-Times-Artikel über rechte Proteste oder Übergriffe schicken, dreht sich mir jedes Mal der Magen um. Das ist leider ein echter Standortnachteil für uns, sowohl für Investitionen und Arbeitskräfte, als auch für den Tourismus.

Sie sind „ausgezogen in die Welt und wieder zurückgekehrt“, um im Bild zu bleiben. Wie wichtig sind Ihnen Ihre Wurzeln? Wo fühlen Sie sich zuhause?
Politisch in Europa. Akademisch und privat in Leipzig. Aber im Herzen natürlich im Zittauer Gebirge.  

Welche Klischees über Sachsen regen Sie am meisten auf?
Dass alle Sachsen sächseln. Ich zum Beispiel bin ja eher mit dem rollenden „R“ aufgewachsen.

Die Sachsen sind liebenswert, weil…
… sie leutselig und eigensinnig sind.

Ihr Lieblingsorte in Sachsen?
Da gibt es viele: das Elsterbecken in der Abendsonne, das Dresdner Elbtal vom Rennrad aus und natürlich die raureifbedeckte Lausche - immerhin der höchste Berg Deutschlands (östlich der Elbe)!

Gibt es ein Herzensprojekt, das Ihnen persönlich besonders wichtig ist, und das Sie gern voranbringen möchten?
Die Vermeidung von Leerstand im Handel, gerade nach der Pandemie. Hier forsche ich mit verschiedenen Akteuren auf kommunaler und auf Landesebene und möchte damit verstehen helfen, ob es Hebel gibt, den stationären Handel lebendig zu halten.  

Abschließend noch eine Frage: Wir haben gehört, der Zittauer Gebirgslauf steht jedes Jahr im April fest in Ihrem Terminkalender. Die 35-Kilometer- oder die 50-km-Strecke? Und warum überhaupt? Sind Sie nicht ausgelastet?
35 Kilometer reichen mir. Warum? Sport macht Spaß und fördert das Denken - und das ist für einen Wissenschaftler durchaus hilfreich, habe ich gehört.