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Mit Mut zum Austausch: Die Bautzener Filmemacherin Bettina Renner im Blick

Als Regisseurin und Autorin hat es die Lausitzerin Bettina Renner oft in die Welt hinaus getragen. Berufsbedingt in Berlin zuhause, zieht es sie doch immer wieder in ihre Heimat zurück: Bautzen. Drei Kinodokumentarfilme und zahlreiche Fernsehproduktionen zählen bisher zu ihrem Repertoire. Ihre Stärke ist das verbindende interkulturelle Denken, die sie bis ins Flüchtlingslager Malakasa nach Griechenland geführt hat.

Raus aus der DDR, rein in die Welt

Als eine der ersten Jugendlichen verließ Bettina Renner noch zu Schulzeiten mit dem Patenschafts-Programm des Bundestages das damals frisch vereinte Deutschland Richtung Westen, genauer gesagt: Richtung Vereinigte Staaten. Der einjährige Aufenthalt hinterließ vor allem eins: einen tief sitzenden Kulturschock. Rückblickend eine intensive interkulturelle Erfahrung, die stark prägte. Gerade deshalb entschied sie sich 1994 für ein Amerikanistik-Studium, das sie an der TU Dresden und der Ohio Wesleyan University erfolgreich beendete.

„Ich habe mit den Menschen immer Glück gehabt“

Zum Regiehandwerk kam sie dann über ein Volontariat beim ZDF. Sie entwickelte eine große Leidenschaft für die dokumentarische Filmarbeit. Trotzdem ist sich die Filmemacherin bewusst: „Ich habe mit den Menschen, die mich unterstützten, immer Glück gehabt. Die Dinge haben sich immer aus dem Machen heraus entwickelt.“

Bettina Renner führt ein Interview für das ZDF
Der Film „Ein Teppich aus Persien“ wurde 2020 im Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen uraufgeführt.

Mit Filmen Empathie entfalten

Bettina Renners Werke erzählen von Begegnungen, die manchmal Mut erfordern. „Es ist nicht immer leicht, sich zu offenbaren, aufeinander einzulassen oder sich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen“, erklärt Renner. „Wenn es dann doch gelingt, verliert das Unbekannte oft seinen Schrecken, und Empathie kann sich entfalten. Mir ist es wichtig, den Blick unserer Gesellschaft zu weiten – über die Kunstform Film.“

Ihr Kinodebüt, der Dokumentarfilm „Begrabt mein Herz in Dresden“, erzählt von Edward Two Two, einem Lakota aus der Prärie in South Dakota, der als Touristenattraktion Anfang des 20. Jahrhunderts mit seiner Familie als Teil einer damals populären sogenannten Völkerschau im Tierpark Hagenbeck nach Hamburg und wenige Jahre später vom Zirkusdirektor Sarrasani als „Häuptling Two Two“ hoch zu Ross für die Wild West Show des Zirkus nach Dresden gebracht wurde. Der Dokumentarfilm geht der Frage nach, warum Edward Two Two sich - glaubt man der Legende - auf seinem Sterbebett im Jahr 1913 ausdrücklich wünschte, in Dresden begraben zu werden. In Renners jüngstem Film „Ein Teppich aus Persien" erzählen Menschen über ihre Erinnerungen an die späten 1980er und frühen 1990er Jahre in Bautzen. Noch in diesem Jahr wird dazu das Buch „Bautzen im Dazwischen“ erscheinen.

Die Herzensangelegenheit in Malakasa

Momentan beschäftigt sich die Filmemacherin mit einer ganz besonderen Herzensangelegenheit: Sie organisiert kreative Workshops für Kinder im griechischen Flüchtlingslager Malakasa. Durch eine Sammelaktion im Freundeskreis konnte sie letztes Jahr eine junge Geflüchtete mit Geld und auch Ideen dabei unterstützen, im Flüchtlingslager Projekte mit Kindern durchzuführen.

Daraus hat sich im Herbst 2020 mehr entwickelt: Mit einer Förderung der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und der Stadt Bautzen wurden verschiedene Workshops realisiert; die kreativen Arbeiten der Kinder wurden schließlich in Bautzen ausgestellt. Worum es ging? Bettina Renner las den Kindern beispielsweise eine Sage der Lausitz – die des Ritters Dutschmann - vor. Die kleinen Zuhörer, die fast alle aus Afghanistan kommen, vertieften sich in die Geschichte vom mutigen Ritter und seinem scheinbar magischen Pferd und gestalteten das Zuhause von Ritter und Pferd nach ihrer Phantasie.  Entstanden sind kreative und phantasievolle kleine Kunstwerke aus unterschiedlichen Materialien.

Eine Ausstellung im Bautzener Museum erzählt nun die Geschichte des Ritters Dutschmann, zeigt die alte Stein-Statue, die einst am Bautzener Rathaus angebracht war und auch die Arbeiten der Kinder. All dies im Kontext von Fotografien und Texten, die davon Zeugnis ablegen, was es für Kinder bedeutet, in einem Flüchtlingslager an der Außengrenze Europas leben zu müssen.

Ein nachhaltiges Projekt für die Zukunft

Ein kontinuierliches Projekt, das den Kindern in diesem Lager ausgelassene und frohe Momente beschert und ihre Kreativität fördert, das wünscht sich Bettina Renner . Und, dass die Menschen in der Lausitz sich mit der Situation von Menschen auf der Flucht auseinandersetzen mögen. Mittlerweile trägt der Austausch erste Früchte: Mithilfe des Kulturamtes Bautzen entstand ein Briefaustausch zwischen Kindern des Sorbischen Schulhortes in Bautzen und Kindern im Geflüchtetenlager. 

Und zum letzten Weihnachtsfest kam sogar ein echter Weihnachtsmann aus der Heimat des Riesen Sprejnik und des Ritters Dutschmann ins Lager auf Malta, um mit den Kindern dort zu singen und ihnen kleine Geschenke und Pfefferkuchen aus Pulsnitz zu überreichen.

Die Ausstellung „Der mutige Ritter und das magische Pferd“ ist noch bis zum 06. Juni 2022 im Bautzener Museum zu erleben. Am letzten Wochenende werden dann auch einige Kinder, nämlich die, die inzwischen mit ihren Familien in Deutschland angekommen sind, ihre „eigene“ Ausstellung in Bautzen besuchen können. Zwar steht die Finanzierung dieses Besuches noch nicht ganz, Bettina Renner ist aber zuversichtlich, dass es gelingt und freut sich darauf, dass die Kinder aus Afghanistan dann endlich den „sagenhaften Ursprung“ ihrer kreativen Werke – die Lausitz – kennenlernen werden.

Der mutige Ritter und das magische Pferd

Kabinettausstellung: 15. Februar bis 6. Juni 2022 im Museum Bautzen.

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