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Mit 11 Jahren kämpfen viele Kinder damit, von ihren älteren Geschwistern ernst genommen zu werden. Bei Alessia sieht es jedoch anders aus: Sachsens einzige Kinderbürgermeisterin vertritt die Interessen ihrer Generation innerhalb der Stadt Thalheim im Erzgebirge und berät sowohl den Bürgermeister als auch den Stadtrat in Kinderfragen - die aber keinesfalls immer kinderleicht sind. Wir haben Alessia getroffen und nachgefragt, wie sie auf die Idee kam zu kandidieren, was eine Kinderbürgermeisterin eigentlich macht und wie die Zusammenarbeit mit den erwachsenen Politikern läuft.

Alessia Meischner und Nico Dittmann im Sommer 2023 zum 62. Internationalen T(h)alheim- Treffen in Thalheim an der Thur ( Schweiz). Foto: SMei-Fotos

Kinderbürgermeisterin in zweiter Generation

In der Stadt Thalheim, im schönen Erzgebirge, kann man Kinder- und Jugendbeteiligung hautnah erleben. Während politische Partizipation andernorts als Floskel verhallt, ist die Geschichte der 10- jährigen Thalheimer Kinderbürgermeisterin Alessia ein Stück gelebte Demokratie. Sie vertritt die Interessen ihrer Generation innerhalb der 6000 Einwohner-Stadt und berät die Politik bei Fragen, die das Leben der Kinder vor Ort direkt betreffen.

Doch wie kam es überhaupt dazu?

Begonnen hat alles mit einer Kommunenpartnerschaft Thalheims mit dem mittelfränkischen Roßtal. Dort gab es bereits seit 2014 einen Kinderbürgermeister welcher sich explizit für die Interessen der 6- bis 12- Jährigen einsetzt. Dieses Konzept hat den Thalheimer Bürgermeister Nico Dittmann so sehr überzeugt, dass er dieses Format, gemeinsam mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, nun auch im erzgebirgischen Thalheim umsetzt. Seit 2018 dürfen die 7- bis 12-Jährigen selber an die Urne gehen um ihre Repräsentanz zu wählen. Ein Konzept was sich bereits im ersten Durchlauf bewährt hat. Quartiersmanagerin Frau Schlicke, die die Kinderbürgermeisterei federführend betreut erklärt uns: „Alessia ist die zweite Generation unserer Kinderbürgermeister und ihre Amtszeit geht vom 1.1.2022 bis zum 31.12.2024.“

Zwischen Gymnasium und Presseterminen

Bei der Bewältigung ihrer spannenden Termine ist Alessia natürlich nicht allein. Mit einer Stellvertreterin und einem Stellvertreter an der Seite, sowie einem Kinderstadtrat bestehend aus den Klassensprecherinnen und Klassensprechern der 2. bis 6. Klassen der Thalheimer Grund- und Oberschulen, meistert sie Tagesordnungspunkte in Stadtratssitzungen, Pressetermine oder auch die lokale Weihnachtsmarkteröffnung. Ganz wichtig bei all dem Trubel und Terminen: Schule geht in jedem Fall vor!

Auch Pressetermine stehen an der Tagesordnung: Dreh des MDR zum Thema Fußgängerüberweg im Bereich der Eisdiele an einer stark befahrenen Straße im Ort, nicht nur Kinder sondern auch für ältere Menschen. Foto: SMei-Fotos

Möglich ist all das natürlich nur mit der Zustimmung der Eltern. Ohne grünes Licht der Erziehungsberechtigten, ist es für die Kinder nicht möglich sich zur Wahl aufstellen zu lassen. Jedoch ist es genauso wichtig zu betonen, dass auch die Stadtverwaltung darauf achtet, dass die Kinder in ihrer Mandatsausübung weder von den Eltern noch von Interessensgruppen instrumentalisiert werden. Schließlich geht es darum die unverfälschte Perspektive der Kinder miteinzubeziehen. Bei Fragen von Schulwegen, Verkehrssicherheit und anderen kinderrelevanten Themen sind die Kinderbürgermeister schließlich begehrte Ratgeber - sowohl für den erwachsenen Bürgermeister als auch für den Stadtrat. Darüber hinaus setzen die Kinder eigene Impulse und äußern ihre persönlichen Wünsche an die Kommune: wie zum Beispiel bei der  Wiedereröffnung des Freizeitbades. Hier tragen Kinder Ideen für (Spiel-) Elemente im Bad an Alessia heran, bei denen für jedes Alter etas dabei ist und die im besten Fall auch realsierbar sind.

Die Kinderbürgermeisterin und ihre Stellvertreter werden bei wichtigen Entscheidungen mit einbezogen. Foto: SMei-Fotos.

Nicht über, sondern mit den Kindern reden

Auf die Frage ob denn die Thalheimer Kinderbürgermeisterin Alessia auch ernst genommen wird, unterstreicht Quartiersmanagerin Frau Schlicke: „Alessia hatte den Vorteil, dass das Format schon bekannt war, als sie gewählt wurde. Dennoch ist sie eine besonders selbstbewusste Kinderbürgermeisterin und lässt es gar nicht zu, NICHT ernst genommen zu werden.“

Das Format der Kinderbürgermeister ist aber zugleich eine Wette auf die Zukunft. Thalheims Bürgermeister möchte nämlich so auch die allgemeine kommunalpolitische Beteiligung in seiner Stadt erhöhen und eine proaktive Stadtgesellschaft fördern – die gut und gerne in Thalheim lebt. Deshalb sei die Kinderbeteiligung auch so wesentlich dafür, schließlich handelt es sich hierbei um die Bürgerinnen und Bürger von morgen. „Das funktioniert nur, wenn Kinder die Instrumente und Möglichkeiten der Beteiligung, also der Demokratie so früh wie möglich kennenlernen.“ Sagt Bürgermeister Nico Dittmann. „Wir sind zutiefst beeindruckt von dem Engagement der Kinderbürgermeisterin Thalheims sowie der Einbeziehung der wertvollen Kinder-Perspektive innerhalb der Politik. Nicht über, sondern mit den Jüngsten wird im Erzgebirge gesprochen – weil jede Stimme zählt.“