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Gitterladen

Absender: Gitterladen

Oberlausitz

Wenn der Paketbote demnächst klingelt, ist es zur Abwechslung vielleicht mal nicht übliche Amazon-Bestellung, sondern eine ganz besondere Lieferung. Absender: der Gitterladen.

Und hinter den Gittern der sächsischen Justizvollzugsanstalten wird seit nunmehr fast 20 Jahren eifrig und durchaus erfolgreich gewerkelt. Holzbausteine, geschmiedete Feuerschalen, weihnachtliche Volkskunst oder auch süße Zahnfeekissen für kleine Milchzahnmäuse entstehen so in aufwändiger Handarbeit – allesamt Unikate. Mit dem Sortiment des großen Bruders kann der Onlineshop natürlich nicht mithalten. Dafür stechen die Produkte durch ein ganz besonderes Merkmal hervor: Sie alle sind produziert von sächsischen Häftlingen. Berührungsängste? Fehlanzeige! Der Kundenstamm des Gitterladens wächst, die Bestellungen legen von Jahr zu Jahr zu. Wir haben mit Sylvia Langer gesprochen, seit 2021 in der Justizvollzugsanstalt Zeithain für die Vermarktung des Onlineshops zuständig.

Sylvia Langer ist studierte Diplom-Verwaltungswirtin (FH) und Justizfachwirtin

Frau Langer, was genau ist der „Gitterladen“?

Im Prinzip das Eingangstor zu den Arbeitsbetrieben der sächsischen Justizvollzugsanstalten, online wie offline. Er ermöglicht unseren Justizvollzugsanstalten, sowohl über den Onlineshop gitterladen.de, als auch offline – in Form von Verkaufsständen, wie beim Tag der Sachsen – ihre eigens produzierten Waren zu verkaufen. Hinzu kommen so genannte Abholartikel – also Produkte, die für den Versand bspw. zu groß sind. Außerdem kann man über den Gitterladen auch Dienstleistungen buchen, Reinigung, Kfz-Reparaturen etc.

Ist der Gitterladen schwer zu vermarkten oder eher ein „Selbstläufer“?

Der Gitterladen ist ja kein gewöhnlicher Webshop. Jeder Einkauf zahlt indirekt auch ein Stückweit auf die Resozialisierung der Gefangenen ein, ist eine Wertschätzung ihrer geleisteten Arbeit und Motivation für den weiteren Vollzugsverlauf. Nein, der Gitterladen ist nicht schwer zu vermarkten, doch leider noch zu wenig bekannt – ein roher Diamant, den es zu schleifen gilt.

Alle im Onlineshop angebotenen Produkte werden von den Strafgefangenen produziert, die aktuell in den sächsischen Justizvollzugsanstalten einsitzen. Wie groß ist das „Team“ zurzeit, wie viele Produkte sind momentan käuflich zu erwerben?

Für den Gitterladen produzieren alle Eigenbetriebe der Justizvollzugsanstalten, wobei die Arbeitsplatzkapazitäten der jeweiligen Betriebe unterschiedlich groß sind. Pro Betrieb sind es circa fünf bis zehn Arbeitsplätze, die alle ausgelastet sind. Aktuell werden im Gitterladen 97 Produkte aus verschiedenen Bereichen verkauft – die Produktpalette soll nach und nach immer weiter ausgebaut werden. Unsere Bestseller sind Nistkästen, Holzkohlegrills aus Edelstahl in verschiedenen Größen, Feuerkörbe, Räucherfiguren und Schwibbögen.

Wenn man sich den Alltag im Strafvollzug anschaut, erscheint die Arbeit für den Gitterladen als willkommene Abwechslung. Wie groß ist denn das Interesse der Häftlinge mitzuwirken?

Die Mehrzahl der Gefangenen hat durchaus ein großes Interesse daran, während ihrer Haftzeit zu arbeiten. Für die spätere Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft ist die Arbeitstätigkeit während der Inhaftierung ein wichtiger Aspekt. Gefangene, die bereits während der Haft an einen regelmäßigen Arbeits- und Lebensrhythmus gewöhnt sind, finden sich auch nach der Entlassung besser im Alltag zurecht und sind weniger rückfallgefährdet.

 

Achten Sie bei der Auswahl der Mitarbeitenden auf eine gewisse handwerkliche Qualifikation oder kann hier jeder mitwirken?

Jeder Arbeitsbetrieb steht unter der Leitung eines qualifizierten Betriebsleiters. Als Qualifikation wird eine Meisterprüfung bzw. ein offiziell gleichwertig anerkannter Abschluss vorausgesetzt. Die Gefangenen werden entsprechend der Anforderungen des jeweiligen Handwerks angeleitet und erlernen im Bedarfsfall notwendige neue Fähigkeiten.

Welche Kriterien legen Sie generell an bei der Auswahl der Inhaftierten? Spielt da auch das Strafmaß eine Rolle?

Nein, das Strafmaß spielt keine Rolle. Die Zuweisung von Arbeit richtet sich in erster Linie nach den Qualifikationen der Gefangenen und ihren Erfahrungen.

Dürfen wir fragen, ob der Gitterladen Gewinn macht?

Indirekt schon. Die Einnahmen des Gitterladens dienen der Deckung der Kosten der jeweiligen Arbeitsbetriebe und entlasten so letztlich den sächsischen Haushalt.

Wie viel Kreativität können die Gefangenen selbst in die Produkte einbringen?

So viel sie wollen! Wir freuen uns immer über neue Ideen und besprechen die Vorschläge dann gemeinsam im Hinblick auf ihre Umsetzbarkeit. Das trägt auch stark zur Mitarbeiterzufriedenheit bei. Das hat jüngst auch eine Umfrage unter den Angestellten gezeigt:  Unsere Leute wollen sich einbringen, schätzen die Vielseitigkeit der Arbeit und natürlich auch die Möglichkeit, ein wenig Geld zu verdienen. Und natürlich wurden auch noch nie Produkte reklamiert (schmunzelt).

 

Frau Langer, vielen Dank für das Gespräch!

Gitterladen

Wenn der Paketbote demnächst klingelt, ist es zur Abwechslung mal nicht die übliche Amazon-Bestellung, sondern eine besondere Lieferung.

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