Mario Schröder bleibt und legt eine Bilderbuchkarriere hin. Nach dem Abschluss wird er Solist in Leipzig, schließlich Erster Solist unter dem preisgekrönten Chefchoreographen Uwe Scholz. Sie haben ein enges Verhältnis, Schröder wird der gefeierte Star des Ensembles. Doch das Tanzen reicht ihm bald nicht mehr. „Ich wollte nicht nur Instrument sein, sondern selbst gestalten“, sagt er. Die Beinahe-Verhaftung im Herbst 1989 verstärkt diesen Drang. Er beginnt, neben seiner Solistenrolle in Leipzig an der Hochschule für Schauspielkunst Berlin Choreographie zu studieren. Fünf Jahre pendelt er zwischen den beiden Städten.
Mit Mitte 30 schließlich beginnt er seine zweite Karriere als Choreograph, füllt die Häuser erst in Würzburg und später in Kiel. Mit der gleichen Hingabe, die er als Tänzer aufbrachte, widmet er sich der Erarbeitung neuer Stücke. Wenn er mit seinen Solisten probt, korrigiert er jede Fingerhaltung. Wenn er neue Choreographien entwickelt, dauern die Arbeitstage von sechs Uhr morgens bis nachts um zwei. Er habe einen gewissen Hang zum Extremen, zum Fanatismus, sagt Schröder. Als er 2010 den Ruf nach Leipzig erhält, liegt er im Krankenhaus mit einer schweren Infektion. Er hatte bis zur Erschöpfung gearbeitet, mitunter vergessen zu essen und zu trinken.